Vertreibung :
Zacken gegen Trinker am Hauptbahnhof

Auf der Mauer vor der Bundespolizeistation am Hauptbahnhof kann nun niemand mehr sitzen. Foto: BELA

Am Hamburger Hauptbahnhof verhindern neu angebrachte Metallzacken, dass Obdachlose und Trinker sich vor der Bundespolizeistation hinsetzen können. Viele weichen inzwischen auf andere Plätze aus.

Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

Bislang war die Mauer vor der Bundespolizeiwache am Hachmannplatz als Sitzgelegenheit beliebt: Bei Reisenden und eben auch bei Trinkern und Obdachlosen, die am Hauptbahnhof zunehmend unerwünscht sind.

Nun soll hier niemand mehr sitzen. „Zahlreiche Beschwerden“ habe es gegeben, so die Bahn. Wegen Pöbeleien und Vermüllung. „Daher haben wir uns entschlossen, die Zweckentfremdung der Zuwegung baulich zu unterbinden“, erklärt eine Bahnsprecherin. Eine viele Meter lange Reihe Metallzacken verhindert seit Dezember, dass man sich dort niederlassen kann.

 „Nur wer Geld in der Tasche hat, ist am Bahnhof willkommen.“– Stephan Karrenbauer

Hinz&Kunzt kritisiert das scharf: „Die Bahn zeigt damit wieder einmal, dass sie arme Menschen am Hauptbahnhof nicht haben will“, sagt Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. Für diejenigen, die 3,50 Euro für einen Cappuccino zahlen können, gebe es Stühle. Für Menschen ohne Geld jedoch nicht, beklagt Karrenbauer. „Nur wer Geld in der Tasche hat, ist am Bahnhof willkommen.“

Maßnahmen für mehr „subjektive Sicherheit“

Im vergangenen Herbst hatte es Gespräche zwischen dem Bezirk Mitte, der Polizei und der Bahn gegeben, um das „subjektive Sicherheitsgefühl“ der Reisenden zu erhöhen. Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) hatte im Interview mit Hinz&Kunzt beteuert, Trinker und Obdachlose nicht vom Hauptbahnhof vertreiben zu wollen. „In Hamburg ist es glücklicherweise nicht verboten, sich auf die Straße zu setzen und ein Bier zu trinken. Es ist aber verboten, dann auf diese Stelle zu kotzen“, sagte er. Doppelstreifen von Landes- und Bundespolizei sollten „die Regeln, die sich die Gemeinschaft gegeben hat, durchsetzen“.

Obdachlose am Hauptbahnhof
„Verbannung löst die Probleme nicht“
Obdachlose, Trinker und Bettler am Hauptbahnhof sorgen derzeit in Hamburg für Schlagzeilen. Im Interview spricht Straßensozialarbeiter Johan Graßhoff über die Ursachen der Verelendung dort und mögliche Auswege aus der Situation.

Obdachlose weichen auf andere Plätze aus

Bei Obdachlosen und Trinkern, die sich am Hauptbahnhof aufgehalten haben, zeigt das offenbar Wirkung. Kein einziger war bei einem Ortstermin von Hinz&Kunzt am Hachmannplatz anzutreffen. „Alleine die Präsenz von Uniformierten erzeugt bei ihnen das Gefühl, nicht erwünscht zu sein“, sagt Straßensozialarbeiter Johan Graßhof. Die Obdachlosen fühlten sich unter ständiger Beobachtung.

Viele würden deswegen inzwischen den Bahnhof meiden, beobachtet Graßhof: „Die Szene wandert weiter.“ Unter anderem zum Zentralen Omnibusbahnhof oder in die Mönckebergstraße. Für Sozialarbeiter werde es dadurch schwieriger, mit den Menschen Kontakt aufzunehmen und ihnen zu helfen: „Wenn du die ganze Zeit verjagt wirst, fasst du schwieriger Vertrauen.“

Das Bezirksamt räumt auf

Der Bezirk Mitte hat auch einige der im Oktober angekündigten Maßnahmen am Hauptbahnhof umgesetzt, erklärt Sprecherin Sorina Weiland auf Hinz&Kunzt-Nachfrage. Seit dem Jahreswechsel würden die Urinale am Hachmannplatz nicht mehr nur acht mal wöchentlich, sondern acht mal täglich gereinigt.

Falko Droßmann über den Hauptbahnhof
„Es gibt Verhaltensweisen, die ich nicht akzeptiere“
Am Hauptbahnhof soll aufgeräumt werden, fordert Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD). Was bedeutet das für Trinker und Obdachlose? Und wieso lässt er Zelte in Parks rigoros räumen?

Auch seien bereits Straßenschilder im Umfeld gereinigt und Fahrradleichen entfernt worden. Für die geplanten baulichen Umbaumaßnahmen laufen noch die Vorbereitungen, sagt Weiland. Bezirksamtsleiter Droßmann hatte gegenüber Hinz&Kunzt angekündigt, Mauern oder Teile von Bunkeranlagen – die teilweise von Trinkern als Tische genutzt werden – abbauen oder verschönern zu lassen.

Autor:in
Benjamin Laufer
Benjamin Laufer
Seit 2012 bei Hinz&Kunzt. Redakteur und CvD Digitales.

Weitere Artikel zum Thema