Achim lebte auf der Straße, seit er mit 18 Jahren aus dem Kinderheim auszog – 30 Jahre lang. Mit Unterstützung von Papst Franziskus hat er nun endlich eine eigene Wohnung bekommen.
„So ein Stück war ich am Papst dran, so ein Stück!“, ruft Joachim aufgeregt, hält seine Hände 30 Zentimeter auseinander und strahlt. Dass er Papst Franziskus bei der Pilgerreise nach Rom so nahe sein konnte – überwältigend. Mit der Hand auf dem Herzen nahm er den päpstlichen Segen in Empfang. Nun fühlt er sich gewappnet. „Jesus liebt mich, das weiß ich!“, sagt Achim. „Und ich hab ein gutes Gefühl, dass es im neuen Jahr aufwärtsgeht.“
Achim ist „katholisch geboren“. Er stammt aus dem Rheinland, sieben Kinder waren sie zu Hause. „Wenn mein Vater gesoffen hat, hat er immer um sich geschlagen“, erzählt er. Achim lief immer wieder weg, das Jugendamt schaltete sich ein: Achim, zehn Jahre alt, kam ins Heim. Es gefiel ihm dort sogar ganz gut. „Aber was ich traurig finde: dass meine Eltern und Geschwister mich nie besucht haben. Nicht mal eine Postkarte haben sie geschickt.“
Jetzt will ich mein Leben alleine auf die Reihe kriegen– Joachim
Als er 18 wurde, packte Achim seine Tasche. „Jetzt will ich mein Leben alleine auf die Reihe kriegen“, erklärte er dem Heimleiter. Er stellte sich das einfach vor: Wohnung, Ausbildung, Arbeit, am liebsten in Köln. Doch am Bahnhof angekommen, wusste er nicht weiter. Eine Gruppe Obdachloser auf der Domplatte nahm ihn auf, „die haben mir die Straße gezeigt“. Als er nach drei Monaten weiterzog, glaubte er schon nicht mehr an einen festen Job.
Joachim wanderte von Dorf zu Dorf
Achim wurde das, was man früher einen Landstreicher nannte: Er wanderte von Dorf zu Dorf. „Die kleinen Orte sind besser als Großstädte“, sagt er. „Wenn ich da Sitzung gemacht habe, sind auch mal Leute stehen geblieben und haben sich mit mir unterhalten.“ In Kleinstädten überlebte er mit Tagesgeld vom Jobcenter, in den Dörfern machte er sich in den Kirchengemeinden nützlich. „Rasen mähen oder Hecke schneiden, so was habe ich viel gemacht, für nen kleinen Obolus“, sagt er. Gottesdienst feierte er am liebsten in Freikirchen. „Da geht es noch lockerer ab, mit ganz anderer Musik, Tanz und Hallelujah“, sagt er und lacht.
Auch wenn er Anschluss fand, blieb er nie lange. „Es ist einfach, sich sesshaft zu machen“, findet Achim. „Nur das gegen sich selber durchzusetzen, ist das Schwierige.“ Er versuchte es immer wieder, fand hier einen Platz im Wohnheim, da ein Zimmer in einer Obdachlosenunterkunft. Doch das Zusammenleben mit anderen behagte ihm nicht, erst recht, wenn die anderen betrunken waren und gewalttätig wurden. Er zog dann lieber wieder weiter.
Hinz&Künztler ist Achim schon seit fast 20 Jahren, mit Unterbrechungen. In Hamburg will er nun heimisch werden. Und er wurde erhört: Ein Vermieter, der die Berichte über die Pilgerfahrt und Achims Schicksal verfolgte, hat ihm eine Sozialwohnung angeboten. Ab sofort. Kaum aus Rom zurück, hielt Achim seinen Wohnungsschlüssel in der Hand. „Irre, ich kann es selbst noch nicht fassen“, sagt er strahlend. „Ich glaube, das kommt von oben.“