Mehr als 8500 Hamburger Haushalten wurde in den ersten neun Monaten dieses Jahres die Stromzufuhr gekappt. Damit hat die Zahl der Sperren einen neuen Höchststand erreicht. Betroffen sind zumeist Hilfeempfänger.
8576 Hamburger Haushalte mussten in den ersten neun Monaten dieses Jahres zeitweise ohne Strom auskommen. Das ergibt sich aus der Senatsantwort auf eine Bürgerschaftsanfrage der Linken. Damit droht die Zahl der Stromsperren zum Jahresende die 10.000er-Grenze zu überschreiten. Vergangenes Jahr war 6239 Haushalten in Hamburg die Stromzufuhr gekappt worden, 2014 lag die Zahl bei 8750, 2013 bei 5800.
Als Hauptursache für Energiesperren gelten die steigenden Kosten. Seit 2002 haben sich die Strompreise für Verbraucher in Deutschland fast verdoppelt. Immer mehr Menschen können ihre Rechnungen nicht bezahlen, weil sich niemand wehrt, spricht die Linkspartei von einem „stillen sozialen Skandal“. Bundesweit erreichte die Zahl der Stromsperren 2014 mit 351.802 einen Höchststand, neuere Daten liegen noch nicht vor.
Laut des Wuppertaler Erwerbslosenvereins Tacheles wohnen in nahezu 60 Prozent der von einer Stromsperre betroffenen Haushalte Hilfeempfänger. Angesichts der 35 Euro, die einem alleinstehenden Hartz-IV-Empfänger zur Deckung seiner Energiekosten monatlich zur Verfügung stehen, verwundert diese Zahl nicht. Laut einer Analyse des Vergleichsportals „Check 24“ zahlen Hilfeempfänger im Schnitt jährlich 108 Euro mehr für Strom, als der Staat ihnen zubilligt.
Linke fordert Hartz-IV-Sätze anzupassen
„Stromkosten müssen endlich an den tatsächlichen Bedarf angeglichen und erstattet werden“, fordert Inge Hannemann von der Linksfraktion. Nach ihren Angaben ist die Höhe der Darlehen, die Jobcenter Hilfeempfängern zur Deckung ihrer Stromkosten gewährt haben, innerhalb eines Jahres um 13 Prozent angestiegen. „Das zeigt, dass der derzeitige Regelsatz für ein elementares Grundbedürfnis nicht ausreicht.“
In einem Bürgerschaftsantrag fordert die Linke den Senat auf, „Energiearmut in Hamburg endlich konsequent zu bekämpfen“. Dafür brauche es „unabhängige Clearingstellen, die bei Schuldnerberatungsstellen angesiedelt werden“. Unternehmen und Jobcenter sollten rechtlich dazu verpflichtet werden, frühzeitig mit den dort tätigen Beratern zu kooperieren. „Während solcher Clearingverfahren sind Strom-, Gas- und Wassersperren auszusetzen.“ Die Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung unterstützt die Forderungen, so Vorstand Matthias Butenob: „Die Frage ist, wer die zusätzlichen Berater bezahlt.“