Mit Beratungen im Winternotprogramm will die Stadt Obdachlosen Perspektiven aufzeigen. Das heißt aber nicht, dass auch alle Hilfe bekommen, kommentiert unser Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer.
Der Senat klopft sich dafür auf die Schulter, dass das Winternotprogramm seit 2009 von 200 Plätzen auf bis zu 1000 Plätze im vergangenen Winter ausgebaut wurde. Natürlich begrüßen wir es, dass Obdachlosen im Winter wenigstens nachts ein Erfrierungsschutz angeboten wird.
Dass das Winternotprogramm von Jahr zu Jahr größer werden musste, ist allerdings ein hausgemachtes Problem. Es gibt seit Jahren kaum mehr frei Plätze in den Notunterkünften und einen Platz in einer regulären städtischen Unterkunft bekommt man nur mit Glück. Wohnungen für Obdachlose stehen schon gar nicht mehr zur Debatte. Ganz offensichtlich fehlt der politische Wille, die Obdachlosigkeit nicht nur zu verwalten, sondern zu bekämpfen. Dabei müsste das angesichts von 2000 Obdachlosen in der Stadt Chefsache sein.
Die Bekämpfung der Obdachlosigkeit müsste Chefsache sein.– Stephan Karrenbauer
Natürlich begrüßen wir es, wenn die Sozialbehörde nun die Beratungsangebote für die Nutzer des Winternotprogramms ausbauen will. Doch das heißt nicht, dass auch alle tatsächlich Hilfe bekommen. Für die vielen Obdachlosen aus Osteuropa steht am Ende der Beratung meist die Empfehlung, in ihr Heimatland zu reisen. Eine Unterkunft bekommen sie nicht. Dabei ist es ein Trugschluss zu glauben, so ihre Probleme lösen zu können. Die meisten Menschen bleiben hier oder kommen wieder. Und wir müssen dabei zusehen, wie sie auf der Straße verelenden.
Keine Garantie für Hilfe
Bekommt wenigstens jeder, der einen verbrieften Rechtsanspruch auf eine Unterkunft hat, nach dem Winternotprogramm auch eine? Also jeder Deutsche und diejenigen Ausländer, die hier schon mal gearbeitet haben? Bislang gilt das in Hamburg nicht. „Jeder der will und einen Anspruch hat wird so beraten, dass für ihn eine Perspektive entwickelt wird“, sagt Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) dazu. Eine Garantie auf ein Dach über dem Kopf klingt anders.
Dass die Notunterkünfte auch in diesem Jahr tagsüber geschlossen sein werden, zeigt wie wenig der Stadt das Wohl der Menschen am Herzen liegt, die erneut jeden Morgen in die Kälte geschickt werden. Angeblich geschieht das zu ihrem Besten: In der Zeit sollen sie sich helfen lassen. Doch das ist nur vorgeschoben: Niemand benötigt jeden Tag Beratung, am Wochenende gibt es gar keine solchen Angebote.
Wenn das Winternotprogramm ein Erfolg sein soll, wird es sich an den erfolgreichen Vermittlungen messen lassen müssen. Wir sind gespannt, welche Zahlen die Behörde am Ende vorlegen wird. Erfolgreich wäre das Programm nur dann, wenn die Platzzahl im nächsten Jahr deutlich reduziert werden kann.