Kiel hat einen, Berlin sowieso, in Hamburg allerdings fehlt er noch: ein Laden ganz ohne Verpackungsmüll. Das Team von Stückgut will das ändern und noch im Dezember einen Unverpacktladen eröffnen.
Als Insa Dehne neulich Tomaten einkaufen wollte, zog sie am Ende mit leeren Händen nach Hause. Egal ob Cocktail oder Rispe – alle verpackt in Pappe und Plastik. Für Dehne keine Option. Und ein Paradebeispiel dafür, was in unseren Supermärkten falsch läuft: Bei jedem Einkauf transportieren wir Unmengen Karton und Folie nach Hause, nur um den ganzen Müll nach dem Auspacken wieder wegzuwerfen.
Damit sich das ändert, will Dehne zusammen mit Sonja Schelbach, Christiane Bors und Dominik Lorenzen in Hamburg einen Unverpacktladen gründen. Stückgut wollen sie den Supermarkt nennen, in dem es keine Einwegverpackungen geben soll. Stattdessen bringen die Kunden ihre Gefäße selbst mit, wiegen sie vorm Einkaufen ab, füllen sie mit losen Produkten, wiegen wieder und bezahlen am Ende ganz normal an der Kasse. Wer spontan vorbeikommt, soll im Laden Gefäße ausleihen oder kaufen können.
Wenn man sich mehr Zeit nimmt, braucht man weniger Verpackungen.– Sonja Schelbach
Die Gründer versuchen schon jetzt, möglichst verpackungsfrei zu leben. Schelbach hat lange an der Hafencity-Universität im Bereich „Nachhaltiges Planen und Bauen“ gearbeitet. Zusammen mit ihrer Familie hat sie ausgerechnet, dass sie pro Person und Jahr 37 Kilogramm Müll produzieren. Der Durchschnitt in Hamburg liegt bei etwa 300 Kilogramm. „Wir leben nicht sehr konsumorientiert“, erklärt sie. „Wenn man sich mehr Zeit nimmt, braucht man weniger Verpackungen.“ Statt etwa einzeln abgepackte Süßigkeiten zu kaufen, backe und koche sie mit ihren Kindern lieber selbst. „Die Zeit muss man aber auch haben“, wendet Dehne ein, die im Moment noch bei einer Spedition arbeitet. „Und schließlich sind wir ja alle faul!“
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Wir werden nicht mit Discountern mithalten können.– Insa Dehne
Schelbach und Dehne, die den neuen Laden hauptamtlich führen wollen, wünschen sich, dass Stückgut genau hier ansetzt: ein verpackungsfreies Vollsortiment, also Lebensmittel, Hygieneartikel, Wasch- und Putzmittel, aber ohne großen Aufwand. Außerdem möglichst viel bio, fair und regional. Der Laden wird „nicht mit Discounterpreisen mithalten können“, wie Dehne zugibt.
Verpackungsfrei Einkaufen
Twelve Monkeys, Hopfenstraße 15b (Reis, Nudeln, Hülsenfrüchte, Getreide, Nüsse, Müsli, Trockenfrüchte, Schokolade, Saft, Shampoo, Putz- und Waschmittel)
Budnikowsky Rindermarkthalle, Neuer Kamp 31 (Wasch- und Spülmittel, unbedingt passende Gefäße, etwa leere Behälter der Marke Ecover mitbringen)
Erdkorn, Eppendorfer Landstraße 77 (Nüsse, Reis, Getreide, Müsli, Nudeln, Gummibärchen, schokolierte Früchte)
Kaufmannsladen, Bahrenfelder Straße 203 (Essig, Olivenöl, Sojasauce, Honig, Kräutertee, Gewürze, Nudeln, Getreide, Hülsenfrüchte, Kerne, Wasch- und Spülmittel)
Wohlempfinden Pur, Ludwigstraße 10 (Gewürze, Nüsse, Trockenfrüchte, Öle)
Doch es soll die Möglichkeit geben, einen monatlichen Betrag zu zahlen und dafür günstiger einzukaufen. Der Fokus soll auf Produkten liegen, die man nur schwer lose bekommt. Wie Zahnpasta zum Beispiel. Die verpackungslose Alternative klingt zumindest gewöhnungsbedürftig: eine Tablette aus konzentrierter Zahncreme, die man vor dem Putzen lutscht, damit sich die Paste im Mund verteilt.
Bevor es im Dezember hoffentlich losgeht, sind noch zwei Hürden zu nehmen. Für beide setzen die Ladengründer auf die Hilfe der Hamburger: 45.000 Euro wollen sie bis Mitte Oktober per Crowdfunding sammeln, um unabhängig von Krediten zu sein. Zudem ist da die Ladenfläche: 70 bis 100 Quadratmeter, gut angebunden, möglichst im Raum Altona sollen es sein. Noch sucht das Stückgut-Team.