Obdachlose, Prostituierte, Bettler, Trinker: Immer wieder werden Menschen im öffentlichen Raum verdrängt. Wer bestimmt, wem der öffentliche Raum gehört? Welche Regeln brauchen wir für das Zusammenleben? Darüber wird Dienstag bei der Reihe „Gerechte Stadt“ diskutiert.
Das Nobistor, der Hauptbahnhof, der Hansaplatz – nur drei Beispiele aus Hamburg, die zeigen: Der öffentliche Raum ist nicht gleichbedeutend mit einem Raum, den alle nutzen können. Obdachlose, Trinker, Drogenabhängige und Prostituierte – sie werden regelmäßig verdrängt. Die Botschaft, die davon ausgeht, ist unmissverständlich: Ihr gehört hier nicht hin.
Öffentliche Orte werden immer häufiger (teil-)privatisiert. Hausordnungen von privaten Eigentümern teilen Menschen in erwünschte und unerwünschte Besucher. In London etwa befestigte ein Geschäftsinhaber Metallstachel auf dem Boden, um zu verhindern, dass dort Obdachlose schlafen. In der Spitalerstraße bei Peek&Cloppenburg bewässerte noch 2004 eine Sprinkleranlage nachts den Eingangsbereich.
„Wer nicht dem gewünschten Vermarktungs-Habitus entspricht, gerät in das Fadenkreuz der Sicherheits- und Ordnungsbehörden“, sagt Sandra Schindlauer. Die Kulturwissenschaftlerin hat im vergangenen Jahr eine Studie veröffentlicht, in der sie sich mit der Wahrnehmung und dem Umgang mit Obdachlosen beschäftigt. Am Dienstag, 21. Juni, spricht sie darüber im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Gerechte Stadt“.
„Wem gehört der öffentliche Raum?“ ist das Thema. Während der öffentliche Raum für die meisten nur ein Aufenthaltsraum auf Zeit ist, ist er für Obdachlose viel mehr als das: Schlafstätte, Waschraum, Begegnungsstätte, Zuflucht. Es ist der einzige Ort, auf den sie immer wieder zurückgeworfen werden. Was passiert nun, wenn ihnen der Aufenthalt darin verboten wird?
„Eine Verweisung aus diesem Raum bedroht existenziell die Stellung dieser Personen als Mitglieder der sozialen Gemeinschaft“, sagt Wolfgang Hecker. Der Verwaltungsrechtler hat sich intensiv mit der Wirkung von Platzverweisen für so genannte Randgruppen beschäftigt. Er ist überzeugt: Nur wenn adäquate Hilfs- und Aufenthaltsangebote bestehen, können diese wirken. Andernfalls drohe eine „Zero Tolerance“-Politik amerikanischen Ausmaßes.
Wie können wir einen Raum für alle schaffen, der weder ausgrenzt noch verunsichert? Welche Regeln sind nötig, damit der öffentliche Raum wirklich für alle da ist? Wie lassen sich Konflikte vernünftig regeln? Über diese und weitere Fragen diskutieren zudem Filmemacherin Dorothea Carl (Autorin von „Persona non Data“ über Flüchtinge), Jenny Künkel von der Uni Mainz (forscht über Prostitution) sowie Martin Huber, Amtsleiter für Verkehr und Straßenbau in Hamburg.
Es diskutieren:
Prof. Dr. Wolfgang Hecker, Verwaltungsfachhochschule Wiesbaden
Dorothea Carl, Filmemacherin, Hamburg
Jenny Künkel, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt/Main
Martin Huber, Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, Hamburg
Sandra Schindlauer, Kulturwissenschaftlerin, Bauhaus-Universität Weimar.
Moderation: Burkhard Plemper, Journalist
Di, 21. Juni, 16 Uhr, Nochtspeicher, Bernhard-Nocht-Straße 69 a, Eintritt frei