Nach anderthalb Jahren Sanierung ist es endlich soweit: Das Gängeviertel präsentiert sein Kulturzentrum Fabrique in neuem Gewand. Zur Eröffnung bieten die Künstler aus dem Viertel über fünf Etagen ein vielfältiges Programm mit Ausstellungen, Lesungen und Konzerten.
„Endlich schlägt das Herz des Viertels wieder“, so lautet die Botschaft der Künstler und Aktivisten aus dem Gängeviertel zur Eröffnung des Kulturzentrums Fabrique an diesem Wochenende. Tatsächlich war es zuletzt um das Viertel ruhiger geworden. Wo früher meist junge Menschen durch die Ateliers, Bars und andere Treffpunkte strömten, lag das Leben brach. Denn in den vergangenen Monaten waren dort die Bauarbeiter zu Gange. Drei Millionen Euro habe die Instandsetzung der Fabrique gekostet, heißt es jetzt aus der Pressestelle der Kulturbehörde. Ein Großteil der Baumaßnahmen davon wurde zwar öffentlich gefördert. Trotzdem werden Initiativen und andere Nutzer künftig Miete für die ehemals besetzten Räume zahlen.
Trotzdem blicken alle Beteiligten zuversichtlich in die Zukunft. Die Finanzierung für die kommenden Monate sei vorerst gesichert, so Gängeviertel-Künstlerin Christine Ebeling. Mit der Fertigstellung der Fabrique sei zudem ein wichtiger Meilenstein in der denkmalgerechten Sanierung des Viertels erreicht, bekräftigt Kultursenatorin Prof. Barbara Kisseler. „Die Stadt Hamburg setzt damit ein Zeichen für den Denkmalschutz und bezahlbaren Produktions- und Präsentationsraum für die Künste inmitten der Hamburger Innenstadt“, so Kisseler. „Die Vielschichtigkeit des Viertels zeigt sich in der Fabrique auf wunderbare Weise unter einem Dach.“
Noch ist nicht alles in dem Fabrique-Gebäude fertig gestellt. Doch schon bald werden Räume wie die Siebdruckwerkstatt, eine Probebühne für die freie Theaterszene, eine Fotofabrik, ein Seminarraum, die „WOW“-Veranstaltungsfläche mit großer Bar und eine Kunstgalerie wieder nutzbar sein. Dass aus dem im Sommer 2009 besetzten Gängeviertel jetzt tatsächlich ein selbstverwaltetes Viertel mit Wohnungen und Kulturräumen wird, habe man auch der Recht-auf-Stadt-Bewegung zu verdanken, heißt es aus Aktivistenkreisen.
Passend dazu wird im Rahmen der Fabrique-Eröffnung sogleich die erste deutsche Übersetzung des Textes „Recht auf Stadt“ präsentiert. Bereits 1968 verfasste der französische Philosoph Henri Lefebvre den Text, der zum Namensgeber einer Protestbewegung in Hamburg wurde, die sich gegen steigende Mieten, gegen die Verdrängung aus den Stadtzentren und für Freiräume wie das Gängeviertel oder das Centro Sociale im Karolinenviertel wurde.
Das liege an der Aktualität des Textes, sagt Christoph Schäfer. Der Hamburger Künstler liefert das Vorwort zu der jetzt vorliegenden deutschen Übersetzung. „Die urbane Revolution ist eben nicht nur eine Idee, sondern eine reale Entwicklung“, schreibt er dort. Die Ideen Lefebvres seien „genug nach vorne gedacht, um das Denken all jener zu munitionieren, die auf der Suche nach Wegen aus dem stärker werdenden Druck auf das Alltagsleben der heutigen Städte sind.“ Davon überzeugen können sich Interessierte am Freitag Abend in der Fabrique, wenn Christoph Schäfer und anderen Aktivisten aus dem Netzwerk „Recht auf Stadt“ das im Nautilus-Verlag erschienene Buch der Öffentlichkeit vorstellen.
Text: Jonas Füllner
Fotos: Franziska Holz
Das Programm in der FABRIQUE am Valentinskamp 34a, Zugang über die Brache Speckstraße:
Donnerstag, 10.3.
19 Uhr: Eröffnung des MOM art space. Mit einem Grußwort von Kultursenatorin Prof. Barbara Kisseler
22 Uhr: Performance im WOW-Veranstaltungsraum, Mr. Vast (live) anschließend DJ’s
Freitag, 11.3.
20 Uhr: Experimente und Überraschungen, live und am Plattenteller: Knarf Rellöm aka King Fehler – Mark Boombastik – Buttchor
Samstag, 12.3
14-22 Uhr: Offene Türen – Fotofabrique, Seminarraum, Bewegungsraum, Probebühne, Farbfabrique und Galerie mit diversen Programmpunkten und Fahrstuhlbar
19 Uhr: Lesung aus „Recht auf Stadt“ von Henri Lefebvre. Es lesen und diskutieren Christoph Schäfer, Hanna Mittelstädt, Petra Barz, Nicole Vrenegor und Niels Boeing – moderiert von Theo Bruns
20.30 Uhr: Quick and Dirty – Offene Probe für Unfertiges in der Probebühne
21.30 Uhr: WOW, Bar und DJ Musik
24 Uhr: WOW-Party: Karhua (Bassbotanik), Gwen Wayne (Gängeviertel) & Sutsche
Sonntag, 13.3.
14-17 Uhr: Offene Türen – Fotofabrique, Seminarraum, Bewegungsraum, Probebühne, Farbfabrique und Galerie
17 Uhr: „Freizeit ohne Kontrollen“ – Buchvorstellung zum Thema Jugendzentrumsbewegung der 1970er Jahre mit Autor David Templin