Ex-Boxweltmeisterin :
Regina Halmich: „Es lohnt sich zu kämpfen“

Ex-Boxweltmeisterin Regina Halmich musste nicht nur im Ring, sondern auch außerhalb um Respekt kämpfen. Porträt einer starken Frau, die sich sozial engagiert – auch für Hinz&Kunzt.  

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Engagiert: Regina Halmich mit Hinz&Künztler Reiner bei der diesjährigen Verkäufer-Weihnachtsfeier.

Manchmal jucke es sie noch in den Fäusten, sagt Regina Halmich. Wenn sie beim Boxen zuschaut, dann geht es ihr wie einem Ex-Raucher, der nochmal an der Zigarette ziehen will. „Die Leidenschaft ist noch immer da, aber ich werde nicht rückfällig.“

2007 stand die Karlsruherin zum letzten Mal im Boxring. Da hatte die zierliche Blonde so ziemlich alles erreicht, was im Frauenboxen möglich war: Europa- und Weltmeisterin im Fliegengewicht war sie, ihre Kämpfe brachten regelmäßig sechs, sieben Millionen Zuschauer vor die TV-Bildschirme. „In dem Moment, als ich die Boxhandschuhe an den Nagel gehängt habe, war mir klar, dass mir was fehlen würde. Dieser Kick, in eine Arena einzumarschieren und 10.000 Leute jubeln! Aber ich konnte mich lange genug drauf vorbereiten.“

Was Regina Halmich macht, das tut sie aus Überzeugung. Dabei ist ihr ziemlich egal, was die anderen von ihr denken: „Was hilft, ist letzten Endes der Glaube an sich selbst. Ich habe mich immer selbst motiviert, mich selbst aufgerafft. Wahrscheinlich habe ich eine starke Persönlichkeit in mir, die das alles verkraftet hat.“

„Ich habe mich durchbeißen müssen“

Die 39-Jährige macht heute beruflich vor allem,worauf sie Lust hat: Sie entwickelt Trainingsprogramme im Fitnessbereich, hält Vorträge über Motivation oder moderiert Boxkämpfe fürs Fernsehen. Sich auch sozial zu engagieren ist für die 39-Jährige selbstverständlich. „Mir geht es gut, da ist es doch normal, dass man nach Schwächeren schaut. Das ist einfach mein Bedürfnis.“ Und so gibt sie ihren Namen für Kampagnen gegen häusliche Gewalt, für den Tierschutz – und ist auch für Hinz&Kunzt aktiv. Bei der Weihnachtsfeier für die Verkäufer hat sie ihnen Essen serviert. „Ich habe mich durchbeißen müssen, aber so schwer wie die Menschen, die ihr Dach über dem Kopf verlieren, hatte ich es nie“, findet sie.

Gekämpft hat Regina Halmich nicht nur im Ring, sondern auch außerhalb. „Ich habe zu spüren bekommen, dass es beim Boxen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft gibt zwischen Mann und Frau“, sagt sie. „Ich wurde zuerst überhaupt nicht ernst genommen in dem, was ich tue. Und je weniger man mich ernst nimmt, desto mehr wollte ich zeigen, dass ich es kann.“

Mit elf begann sie mit Judo und Karate, dann kam das Boxen. „Ich war als Kind nicht besonders aggressiv, aber ich hatte sehr viel Power. Sich mal auszuboxen tut einfach gut“, erzählt sie mit ihrem weichen badischen Singsang. Als Amateurboxerin wurde sie Deutsche und Europa-Meisterin, mit 18 Profi und später mehrfache Weltmeisterin. Respekt brachte ihr das in den ersten Jahren nur wenig ein. „Es gab viele dumme Fragen. Was ist in meiner Kindheit schief gelaufen? Hätte ich nichts was Vernünftiges lernen können?“

Heute kann die gelernte Rechtsanwaltsgehilfin darüber lachen. Doch wenn sie von ihrem Kampf in Kiew 1996 erzählt, fällt ihr das Lachen schwer. „Der damalige Bürgermeister hat mir verboten, auf der Pressekonferenz etwas zu sagen, weil ich eine Frau bin. Er konnte nicht verstehen, dass Frauen boxen, die gehören in die Küche und ins Bett.“ Sie sei nicht oft sprachlos, „aber da war ich’s.“

Raab hatte keine Chance

Regina Halmich im Interview mit Hinz&Kunzt-Autorin Mischa Leuschen.
Regina Halmich im Interview mit Hinz&Kunzt-Autorin Misha Leuschen.

Der Umschwung kam mit Stefan Raab. 2001 brach sie dem Entertainer bei einem Showkampf im Ring spektakulär die Nase, 2010 unterlag er erneut bei der Revanche. „Damit habe ich dem Frauenboxen einen großen medialen Dienst erwiesen“, sagt sie und freut sich: „Ich habe meine Mission erfüllt. Heute sagt keiner mehr was Negatives. Es lohnt sich zu kämpfen.“

Das Boxen hat sie stark gemacht fürs Leben, „es ist Disziplin, Fairness, Respekt dem anderen gegenüber, auch wenn’s manchmal nicht so aussieht.“ Natürlich sei Boxen manchmal brutal, aber es gebe Regeln. „Man braucht eine gewisse Gewaltbereitschaft, um jemandem einfach mal so ins Gesicht zu hauen und nachzusetzen, wenn jemand angeschlagen ist“, sagt sie ernst. „Das nennt man Killerinstinkt. Aber man muss unterscheiden zwischen Wettkampf und Privatperson.“ Sie kenne viele Boxer, die privat die nettesten Menschen seien. Sie selbst rette jedes kranke Tier im Garten, grinst sie: „Schrecklich!“

Sie habe Talent, aber auch Glück im Leben gehabt, resümiert sie. „Es gibt ja auch andere, die bekommen viel Haue und bei denen gibt es kein gutes Ende. Ich kann mich nicht beschweren.“

Text: Misha Leuschen
Fotos: Andreas Hornoff/Mauricio Bustamante

 

 

 

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