Hierzulande herrscht scheinbar Einigkeit bei der Bewertung der Griechenland-Krise. Nun aber üben internationale Wirtschaftsexperte deutliche Kritik am EU-Kurs der Kanzlerin.
Die Kritik am Griechenland-Kurs der EU wächst: Nun haben renommierte Wirtschaftsprofessoren aus den USA, England, Frankreich und Deutschland einen Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel geschrieben. „Das endlose Spardiktat, das Europa den Menschen in Griechenland aufgezwungen hat, funktioniert einfach nicht“, heißt es darin, „der richtige Zeitpunkt, die gescheiterte Sparpolitik zu überdenken, ist jetzt.“
Die Ökonomen – unter ihnen Heiner Flassbeck, Ex-Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, fordern die Bundeskanzlerin in dem Brief auf, ihren Kurs zu korrigieren: „Momentan wird die griechische Regierung dazu gedrängt, sich einen Revolver an die Schläfe zu halten und abzudrücken.“ Die Folgen: 40 Prozent der Kinder leben in Armut, die Säuglingssterblichkeit ist in die Höhe geschossen und die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei fast 50 Prozent.
„Die griechischen Schulden müssen zum Teil erlassen werden“, fordern die Ökonomen. Andernfalls seien die „Folgen auf der ganzen Welt zu spüren.“
Auch in Amerika – nicht gerade bekannt für eine Politik pro Links – melden sich Wirtschafts-Experten kritisch zu Wort. Sie fordern ebenfalls einen Schuldenschnitt – wobei der „Verzicht auf einen Teil der Schulden am Ende eines Konsolidierungspaktes stehen müsse, in dem sich Griechenland zu tiefgreifenden Reformen verpflichtet“, berichtet das Hamburger Abendblatt. Das Land komme nicht aus der Krise, weil die EU von ihrer „radikal auf Sparen und Kürzen fokussierte Politik“ nicht abweiche. Es sei jetzt schon klar, so der renommierte Ökonom und Wirtschafts-Nobelpreisträger Paul Krugman, dass Athen seine Schulden unter den geltenden Bedingungen „niemals“ zurückzahlen kann.
Text: SIM
Foto: Björn Kietzmann / action press
Der Offene Brief der Wirtschafts-Professoren an Bundeskanzlerin Angela Merkel im Wortlaut
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