58.000 Kinder und Jugendliche sind in Hamburg von Armut betroffen. Der Mieterverein zu Hamburg und der Sozialverband Deutschland werfen der SPD Tatenlosigkeit vor. Sie fordern den Bau weiterer Sozialwohnungen und ein bedarfsgerechtes Kindergeld.
„Hamburg hat sich zu einer gespaltenen Stadt entwickelt“, sagt Eckhard Pahlke, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. In Hamburg würden mehr als 40.000 Millionäre leben. Auf der anderen Seite waren Ende 2013 mehr als 230.000 Menschen auf Sozialleistungen angewiesen. Besonders groß ist das Armutsrisiko unter Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Jeder vierte Jugendliche ist arm oder von Armut bedroht. „Ein Skandal“, sagt Pahlke, der von der Gesellschaft und Politik nicht so einfach hingenommen werden dürfe. „Jugend gestaltet unsere Zukunft, sie darf nicht vernachlässigt werden.“
Der Politik werfen Mieterverein und SoVD Tatenlosigkeit vor: „Ein Armutsproblem wird offenbar nicht wahrgenommen“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme. Bislang gäbe es einen einen Regelsatz zur Grundsicherung nur für Erwachsene. Mieterverein und SoVD machen sich stark für einen Rechtsanspruch auf Grundsicherung auf für Kinder und Jugendliche. Immerhin hatte die Bundesregierung erst vor wenigen Tagen eine Anhebung des Wohngeldes beschlossen. Allerdings haben laut Mieterverein und SoVD zu wenige Menschen Anrecht auf Wohngeld. Sie fordern daher eine Erhöhung der Einkommensgrenzen.
Das zentrale Problem in Hamburg ist allerdings der Wohnungsmarkt. Besonders alleinerziehende Mütter und Migranten hätten es schwer, so Pahlke. Aber auch für junge Menschen, die zur Ausbildung oder dem Studium in die Stadt kommen, gäbe es zu wenige Angebote. Selbst das städtische Wohnungsunternehmen Saga/GWG würde nicht ausreichend günstige Wohnungen für Menschen in Armut bereitstellen. Pahlke warnt davor, dass sich die Lage weiter verschlimmern wird. Denn mehr als 11.000 Sozialwohnungen werden in den kommenden zwei Jahren in Hamburg aus den Preisbindungen fallen. Mieterverein und SoVD fordern daher den Bau von 6000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr.
Mit ihrer Forderung nach weiteren Sozialwohnungen wenden sich der Mieterverein und der SoVD allerdings reichlich spät an die Öffentlichkeit. Der Grundeigentümerverband hatte im Zuge der Koalitionsverhandlungen massive Kritik an der Mietpreisbremse artikuliert und SPD und Grüne dadurch an den Verhandlungstisch gedrängt. Jetzt nähern sich die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen dem Ende. Gerade erst haben beide Parteien eine Fortführung der bisherigen Wohnungspolitik mit dem Bündnis für das Wohnen im Sinn der Immobilienunternehmen beschlossen. Das Bündnis, dem auch der Mieterverein angehört, hat sich zum Ziel gesetzt, jährlich 2000 Sozialwohnungen fertig zu stellen und dieses Ziel im Jahr 2014 auch erstmalig erreicht. Mit der jetzt artikulierten Forderung wird der Mieterverein bei Politik und Immobilienverbänden nicht mehr auf offene Ohren stoßen.
Text: Jonas Füllner