Joggen :
„Der Langsamste gibt das Tempo vor“

Drei Freunde gründeten eine feste Laufgruppe – die für Hinz&Kunzt spendete. Doch dabei soll es nicht bleiben: Sie wollen auch Hinz&Künztler zum Joggen animieren.

(aus Hinz&Kunzt 262/Dezember 2014)

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Laufschuhe geschnürt – und los geht’s quer durch die City: Henning Heide, Markus Ruthemann und Michael Mankus und ihre Laufgruppe.

Hafencity, Überseeallee, Mittwoch, 21 Uhr. Kein Mensch ist unterwegs. Einsam strahlen die neuen Bauten aus Beton, Stahl und Glas vor sich hin. Immer wieder fährt der hell erleuchtete 111er-Bus mit nur je einem Fahrgast besetzt erst in Richtung Überseequartier, dann zurück nach Altona. Bis plötzlich ein Bus hält und gut 20 Leute aussteigen: in bunten Turnschuhen, in eng anliegenden Laufleggins; einige recken sich, andere tänzeln auf der Stelle. Hier und da leuchtet eine Laufuhr, am Oberarm festgezurrt.

„Kurze Ansage“, sagt Henning Heide und hebt die Hand weit hoch, sodass alle sie sehen können: „Wie immer gibt der Langsamste das Tempo vor; wir halten nach euch Ausschau.“ Und dann sei da noch die Sache mit ihren Laufshirts, die sie neulich in Auftrag gegeben hätten und die jeder schon bezahlt habe. Also: Die Herstellerfirma gibt sie ihnen umsonst! „Wir würden nun unsererseits gerne vorschlagen, das eingesammelte Geld an Hinz&Kunzt zu spenden, wenn ihr einverstanden seid“, sagt Henning Heide. Zustimmendes Gemurmel ertönt. Dann trabt die Gruppe los, verschwindet in der Dunkelheit.

Im Juni dieses Jahres waren sie zu dritt: Markus Ruthemann, Michael Mankus und eben Henning Heide. Jeder brachte zwei Kumpels mit – macht neun. Und langsam wuchs die Gruppe. Gelaufen werden jeden Mittwochabend rund 15 Kilometer durch die Stadt. Die Strecke ist dabei so ausgesucht, dass man nach etwa sieben Kilometern entweder am Startpunkt vorbeikommt oder wenigstens eine U-Bahn- oder Busstation auftaucht. So kann man zwischendurch Schluss machen, sollte es an der körperlichen Verfassung mal hapern. Henning Heide und seinen Mitstreitern geht es schon um Kondition, ums Weitermachen, ums Steigern, aber es geht beileibe nicht um Leistung um jeden Preis.

Und sie schauen auch links und rechts des Weges – und so kamen sie auf Hinz&Kunzt: „Wenn wir gegen halb zehn an der Kersten-Miles-Brücke vorbeilaufen oder es später über die Mönckebergstraße geht, dann sieht man da für einen Moment die Obdachlosen und schon sind sie wieder aus dem Blick“, sagt Michael Mankus. Aber dann hatte Markus Ruthemann in einem Restaurant das dazu passende Erlebnis: „Ich sah dort einen Hinz&Künztler seine Zeitungen verkaufen und dachte: ,Auch der kann laufen‘, so wie man ja immer sagt: ,Jeder kann laufen.‘ Und als Nächstes dachte ich: ,Nee, das kann er nicht.‘“ Denn wie soll sich ein Hinz&Künztler die Laufschuhe und die Funktionskleidung, die man nun mal braucht, auf Dauer leisten können? Wo soll er hinterher duschen? Wo mal schnell die schweißgetränkten Laufklamotten waschen? Wie ist es mit der regelmäßigen, angemessenen Ernährung, die ein Läufer haben muss? Und wo fände er einen Arzt, der ihn vorher durchchecken würde, ohne das als ärztliche Zusatzleistung zu berechnen? Markus Ruthemann aß zu Ende, dann eilte er nach Hause und schrieb dazu Ideen auf. Angespornt auch dadurch, dass er nach zehn Jahren Arbeit in der Werbung dort gerade gekündigt und eine Ausbildung als Coach begonnen hatte. Er sagt: „Mir geht es jetzt nicht darum, 20 oder 30 Leute zusammenzutrommeln und einen Halbmarathon anzuvisieren. Toll wäre es doch, wenn sich drei, vier Leute fänden, die sich unter meiner Anleitung auf einen ersten, längeren Lauf vorbereiten und die dann beim Laufen bleiben und bei uns mitmachen.“

Bei einem nächsten, längeren Lauf erzählte er Henning Heide und Michael Mankus von dem Plan. Und nun wollen die drei bei Hinz&Kunzt vorbeischauen; mal gucken, wer sich für ihre Idee begeistern könnte. Die drei sind guten Mutes: „Wenn es nicht klappt, wenn wir nach einem halben Jahr oder nach vier Monaten wieder aufhören müssten – dann haben wir es jedenfalls versucht und nicht nur da­rüber geredet.“

Text: Frank Keil
Fotos Dmitrij Leltschuk