Seit einem Jahr bietet das Werkhaus im Münzviertel jungen Wohnungslosen bis 27 Jahren eine neue Perspektive für ihr Leben: mit Kunst, Handwerk, Musik und gemeinsamen Aktivitäten im Quartier. Bis Juli ist die Finanzierung noch gesichert, danach ist die Zukunft ungewiss.
Der offizielle Name klingt etwas hölzern: Ein „Modellprojekt zur Verschränkung von Pädagogik, Kunst & Quartiersarbeit“ möchte das Werkhaus sein. Im Alltag gestaltet sich das Ganze schon konkreter: Junge Wohnungslose gärtnern gemeinsam, rappen im hauseigenen Tonstudio und kochen einmal die Woche in großer Runde. Das erklärte Ziel der Initiatoren um den Initiator Günter Westphal ist es, das Selbstwertgefühl der jeweiligen Werkhäusler zu stärken.
Seit dem 1. Dezember 2013 gibt es das niedrigschwellige Angebot für Jungerwachsene. Das vierköpfige Team wird alle sechs Monate durch einen neuen Künstler unterstützt, wie etwa Veit Rogge. Neue Anreize sind wichtig. „Unsere Zielgruppe ist nicht leicht zu erreichen“, sagt Tobias Filmar, Sozialpädagoge im Werkhaus-Team. Daher ist die Teilnahme an allen Aktivitäten freiwillig, Anwesenheitspflicht gibt es ebenso wenig wie Termindruck.
Rückzugsraum für Menschen, die nie zur Ruhe kommen
„Wir reden hier von Menschen, die fast nie Privatsphäre haben. Hier sollen sie zu Kräften kommen, wir wollen ihnen einen Rückzugsraum bieten“, so Filmar. Das Konzept funktioniert: Im ersten Jahr haben rund 60 Menschen den Weg ins Werkhaus gefunden. „Das geht quer durch alle Nationalitäten, auch Lampedusa-Flüchtlige sind dabei“, sagt Filmar. Einige erscheinen nur sporadisch, andere fast täglich. 95 Prozent sind Männer. Ihr Durchschnittsalter: 24 Jahre.
Alle sind wohnungslos: Manche machen Couch-Hopping bei Freunden. Andere leben in Jugendwohneinrichtungen oder übernachten im Winternotprogramm. „Zwei waren sogar akut obdachlos, als sie zu uns kamen. Die konnten wir durch unsere gute Vernetzung ins Haus Jona vermitteln“, so Filmar. Ein 18-Jähriger, der aus einer anderen Stadt nach Hamburg kam, fand Platz in einer betreuten Wohneinrichtung. „Er hat jetzt die Aussicht auf einen Ausbildungsplatz“, berichtet Filmar. Das Werkhaus kooperiert unter anderem mit der Jugendberufsagentur.
Doch nicht nur diese offensichtlichen Erfolgsgeschichten motivieren das Werkhaus-Team: „Wir freuen uns schon, wenn jemand wieder etwas mehr Struktur in sein Leben bekommt“, sagt Filmar. Die Stadt finanziert das Modellprojekt noch bis Juli 2015 mit 120.000 Euro. Was danach kommt: ungewiss. „Noch haben wir nichts gehört“, sagt Tobias Filmar.
Text: SIM
Fotos: Werkhaus
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