(aus Hinz&Kunzt 257/Juli 2014)
Arbeitslose brauchen Weiterbildung
Viele Arbeitslose finden keinen Job, weil sie nur schlecht ausgebildet sind. Fast jeder zweite ist lediglich für Helfer- und Anlerntätigkeiten qualifiziert, so das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB). „Diesem Niveau entsprechen aber nur 14 Prozent der Arbeitsplätze.“ Die Qualifikation vieler Arbeitsloser reiche nicht aus, um den steigenden Anforderungen der Betriebe gerecht zu werden. Das IAB fordert mehr Investitionen in Aus- und Weiterbildung. Die Bundesregierung hat zuletzt die Mittel für die Qualifizierung von Arbeitslosen drastisch gekürzt. UJO
Gericht: Toilettenfrauen haben Anspruch auf Branchen-Mindestlohn
Toilettenfrauen sind Reinigungskräfte und keine „Bewacherinnen von Trinkgeldtellern“. Das hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschieden (Az: L 9 KR 384/12). Es bestätigte damit eine Entscheidung des Sozialgerichts Berlin. Im verhandelten Fall waren Angestellte eines „Reinigungsservice“ mit 3,60 bis 4,50 Euro pro Stunde abgespeist worden. Laut Gericht hatten sie aber Anspruch auf den Mindestlohn für Gebäudereiniger, im strittigen Zeitraum zwischen sechs bis acht Euro brutto. UJO
Jobcenter bestrafen Arbeitslose oft unberechtigt
Sanktionen, die Jobcenter gegen Arbeitslose verhängen, sind oft rechtswidrig. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei hervor. Demnach haben Gerichte vergangenes Jahr in 42,5 Prozent der Fälle Arbeitslosen Recht gegeben, wenn diese gegen die Kürzung ihrer Hilfe klagten. Mehr als 36 Prozent aller Widersprüche seien vollständig oder teilweise zugunsten der Betroffenen entschieden worden. Sanktionen der Jobcenter sollen dazu dienen, vermeintlich arbeitsunwillige Hilfeempfänger zur Mitarbeit zu bewegen. So kann das Amt die Leistung kürzen, wenn Arbeitslose einen Termin versäumen oder die Aufnahme einer „zumutbaren Arbeit“ verweigern (egal wie schlecht bezahlt). Tatsächlich hat annähernd jeder zweite Hartz-IV-Empfänger ganz andere Probleme, so eine Untersuchung des Bundesarbeitsministeriums. 450.000 Langzeitarbeitslose bräuchten demnach Unterstützung, weil sie suchtkrank sind, doch nur 9000 von ihnen seien entsprechend beraten worden. 900.000 Hilfeempfänger benötigen psychosoziale Beratung, nur 20.000 haben sie bekommen. 1,1 Millionen Betroffene hätten Schulden, beraten wurden nur 32.500. UJO
CDU wettert gegen Bettler in der Innenstadt
Hamburgs CDU beklagt angebliche „gewerbsmäßige Bettelei“, überwiegend durch Osteuropäer, in der City. Deshalb fordert sie mehr Ordnungshüter, die Platzverweise aussprechen sollen. Hinz&Kunzt hält dagegen: „Betteln ist für viele Menschen die einzig legale Form, um Geld zu verdienen.“ Die Polizei sorge dafür, dass nicht aggressiv gebettelt, Passanten bepöbelt oder Menschen zum Betteln gezwungen würden. „Vertreibung bedeutet nur, das Problem wegzuschieben. Aber die Armut bleibt.“ UJO
Notunterkunft Pik As weiterhin überfüllt
Hamburgs Notunterkunft für obdachlose Männer ist auch im Sommer überfüllt. Das bestätigte der städtische Betreiber fördern & wohnen auf Nachfragen von Hinz&Kunzt. Demnach schliefen Mitte Juni 264 Menschen im „Pik As“, die durchschnittliche Belegung habe zuletzt bei 125 Prozent gelegen. Im Vergleichszeitraum Mai und Juni 2013 seien 75 bis 90 Prozent der Betten belegt gewesen. fördern & wohnen erklärte dazu, es gebe mehr Obdachlose, die „Anspruch auf eine öffentlich-rechtliche Unterbringung in einer Wohnunterkunft haben und derzeit nicht vermittelt werden können“. Zudem herrsche ein „hoher Andrang von Arbeitsmigranten“. UJO
Hamburger kämpfen für Lampedusa-Flüchtlinge
Mehr als 3000 Hamburger haben ein Manifest für die Lampedusa-Flüchtlinge unterzeichnet, unter ihnen Prominente wie Publizist Roger Willemsen, Kampnagel-Indentantin Amelie Deuflhard und Musiker Jan Delay. Die Afrikaner fordern seit mehr als einem Jahr ein Bleiberecht in der Stadt. Innensenator Michael Neumann (SPD) hatte zugesichert, bis zur Entscheidung über ihre Asylanträge gebe es in Hamburg keine Abschiebungen. Dennoch verhinderte erst der Petitionsausschuss der Bürgerschaft im Mai die Abschiebung von drei der Flüchtlinge, die das Bundesamt für Migration angeordnet hatte. UJO
Nur 654 neue Sozialwohnungen: SPD-Senat verfehlt erneut deutlich Ziel
In Hamburg werden bei Weitem nicht so viele Sozialwohnungen gebaut wie vom SPD-Senat versprochen: 654 öffentlich geförderte Mietwohnungen seien 2013 fertiggestellt worden – statt der versprochenen 2000 pro Jahr. Die Behörde verwies auf lange Genehmigungsverfahren. Derzeit seien 1662 Sozialwohnungen im Bau. Der Senat wurde zuletzt wiederholt kritisiert, weil bei Neubau-Projekten weniger Sozialwohnungen als vom Senat versprochen geplant worden waren. Bei einem Vorhaben in Altona wurden Sozialwohnungen angeblich sogar „vergessen“. UJO
Kein ausreichender Schutz vor Vertreibung?
Können Mieter mehrerer Häuser in der Erichstraße auf St. Pauli trotz Sozialer Erhaltungsverordnung vom Eigentümer vertrieben werden? Das fürchten Betroffene und fordern die Politik zum Handeln auf. SPD und Grüne kündigten eine Bundesratsinitiative an, um das Baugesetzbuch zu ändern. Nach derzeitiger Rechtslage kann der Eigentümer die Miet- in Eigentumswohnungen umwandeln, wenn er sie den Mietern zuvor sieben Jahre lang zum Kauf angeboten hat. UJO
30 Jahre lang Helfer für Wohnungslose
Er hat fast drei Jahrzehnte lang für Obdach- und Wohnungslose gearbeitet und dabei „wohl einigen Menschen geholfen“, wie er selbst bescheiden sagt: Peter Schröder-Reineke, zuletzt Projektentwickler beim Diakonischen Werk Hamburg. Er ist im Juni in Altersteilzeit gegangen. Der 63-Jährige hatte in den vergangenen Jahren mit großem Engagement versucht, in Hamburg ein Pflegeheim für Obdachlose auf den Weg zu bringen. Entsprechende Pläne waren nach Verhandlungen mit der Stadt an der Frage gescheitert, wer welchen Anteil der Kosten trägt. „Dass uns das nicht gelungen ist, ärgert mich“, so Schröder-Reineke. Trotzdem fällt seine Bilanz positiv aus: Als Referent für Wohnungslosenhilfe habe er maßgeblich an Aufbau und Entwicklung der Schuldnerberatungsstellen des Diakonischen Werks mitwirken dürfen. Es mache ihn stolz, „dass wir es geschafft haben nachzuweisen, dass wir besser arbeiten als zuvor die Schuldnerberatungsstellen der Bezirke“. Der Umgang mit Wohnungslosen, so Schröder-Reineke, habe sich in den fast 30 Jahren, die er für die Diakonie tätig war, deutlich verändert: „Weg von der Almosenverteilung, hin zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen.“ UJO