Hinz&Kunzt fordert, dass Saga GWG und die Wohnungsgenossenschaften verpflichtet werden, jährlich mindestens 1000 Wohnungen zusätzlich für Wohnungslose zur Verfügung zu stellen. Aktueller Anlass ist der Kollaps des Unterbringungssystems in Hamburg.
Die öffentlichen Unterkünfte sind so überlastet, dass Obdachlose nur noch dann ein Bett bekommen, wenn es sich um besondere Härtefälle handelt. Das räumt sogar Rembert Vaerst, Geschäftsführer des zuständigen Trägers fördern und wohnen, im Gespräch mit Hinz&Kunzt ein. „Es ist so, dass wir durch die große Zuwandererzahl von den Fachstellen Wohnungslose nicht in dem Umfang in öffentliche Unterbringung übernehmen können, wie wir es gerne tun würden.“ Vorrang hätten deshalb „Personen, die schon lange Wartezeiten hinter sich haben, insbesondere Familien“ und „Personen, die aus gesundheitlichen oder ähnlichen Gründen einen besonderen Bedarf haben“.
„Wir finden es sehr gut, dass die Stadt Flüchtlinge unterbringen muss und nicht auf die Straße schicken darf“, sagt Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. „Denselben Umgang wünschen wir uns für Obdachlose. Nur wenn die Menschen, die in den Unterkünften leben, in eigene Wohnungen umziehen können, werden wieder Plätze für Obdachlose frei.“ Deswegen müssen Saga GWG und die Genossenschaften verpflichtet werden, mindestens 1000 zusätzliche Wohnungen für Wohnungslose zur Verfügung zu stellen.
Mit dem Ende des Winternotprogramms hat die Situation sich noch verschärft: Seit dem 1. April sitzen rund 700 Obdachlose buchstäblich wieder auf der Straße. Darunter sind auch viele Menschen mit einem sogenannten Rechtsanspruch auf Unterbringung, denen die Stadt aber keine Unterkunft anbieten kann. Und selbst menschliche Härtefälle mit Rechtsanspruch mussten wieder raus auf die Straße.
Hinz&Kunzt traf unter anderem einen 64-jährigen Mann aus Eritrea. Mehr als 20 Jahre hat er in Hamburg als Erzieher gearbeitet. Nach seiner Krebsdiagnose wurde er alkoholkrank, verlor Job, Wohnung und soziale Kontakte. Ausweglos scheint auch die Lage eines 78-jährigen Türken. Er hat 49 Jahre in Hamburg gelebt und gearbeitet, unter anderem in einem Haus der Jugend. Als Rentner verlor er seine Wohnung. Die Stadt hatte für ihn wie für alle Obdachlosen nur ein Angebot: das überfüllte Notasyl Pik As.
Text: Birgit Müller, Beatrice Blank
Fotos: Mauricio Bustamante
„Glückssache Unterkunft“ – Hintergrundbericht aus der Hinz&Kunzt-Aprilausgabe und Rembert Vaerst im Videointerview: www.hinzundkunzt.de/glueckssache-unterkunft/
„Ende des Winternotprogramms – Rund 700 Menschen wieder obdachlos“ – Über Menschen, die jetzt wieder auf der Straße schlafen. www.hinzundkunzt.de/ende-wnp-2014