Die Rätselbande

Suchen Sie auch gerne Schätze? Dann ist unser Sommerrätsel genau das Richtige für Sie. Acht Spezialisten tüfteln schon an den Fragen

(aus Hinz&Kunzt 195/Mai 2009)

Im Juni startet bei uns das ultimative Sommerrätsel PLIETSCH! um Alltagsfragen, Allgemeinbildung und Hamburgensien – acht Seiten stark. Ausgedacht von acht Rätselfreunden oder richtiger: von acht Besessenen, die aus ganz bestimmten Gründen ihren wahren Namen nicht preisgeben wollen.

Keine Frage: Diese acht Rätselfans sind süchtig. Die meisten von ihnen seit Anfang der 90er-Jahre, als sie das Sommerrätsel im Magazin der Süddeutschen Zeitung (SZ) entdeckten. Das Rätsel wurde 2008 eingestellt, im Sommer herrscht trotzdem Ausnahmezustand. Aber der Reihe nach … „49 Wochen im Jahr freue ich mich auf die drei Rätselwochen, vor allem darauf, mich dann wieder mit den anderen zu treffen, die ich unterm Jahr gar nicht sehe“, sagt Marie-Luise beim ersten Treffen in einer Kneipe, die passenderweise „Labyrinth“ heißt. Das eigentliche Hauptquartier der Rätselbande ist allerdings in einer Werkstatt in einem Hinterhof. Was ist so faszinierend an den Rätseln? „Ich gehe jetzt ganz anders durch die Welt. Ich beobachte viel mehr“, sagt der große dunkelhaarige 36-Jährige, der sich Hotte nennt.
Und Hotte gibt gleich eine seiner Lieblingsfragen zum Besten: „Wenn du dich umdrehst, siehst du es!“ Rätselfreundin Kato hat sich zigmal umgedreht, um die eigene Achse, auf der Straße, in der Wohnung … Nichts … „Dabei lag es so nah“, behauptet Hotte. Es handelte sich um die Rückseite von Straßenschildern, auf denen die DIN-Norm aufgedruckt war. „Daran geht man jeden Tag vorbei, aber man nimmt es einfach nicht wahr“, sagt Kato.
Wer sich die legendären Sommerrätsel einfallen ließ, blieb ein Geheimnis, über all die Jahre. Man kannte nur das Kürzel CUS (angeblich ein Jurist und Brillenträger). Und nur er und sein „Verbindungsredakteur“ bei der SZ kannte die Lösungen. Das alles kann man nachlesen (unter: http://de.promotions.yahoo.com/sz/geschichte.html). Die Geheimhaltung war absolut notwendig. Denn die Teilnehmer beim schwersten Rätsel Deutschlands versuchten mit allen Tricks, die Lösungen herauszubekommen. Der berühmte CUS wäre womöglich Opfer einer Erpressung oder sogar eines Kidnappings geworden.
Ein verzweifelter Mann versuchte die Redaktionssekretärin damit zu „erpressen“, dass seine Frau sich sonst von ihm scheiden lassen wolle. Gern erzählt wird auch die Anekdote von dem Mann, der sich mit Anglerhocker und Rauhaardackel in der Redaktion zum Sitzstreik niederließ. Als er nicht beachtet wurde, verließ er die Räume bei Büroschluss beleidigt und ließ sich nie wieder blicken.
Sogar Geldbeträge wurden angeboten oder zweckgerichtete Essenseinladungen. Was ja sowieso nichts genützt hätte: Denn zu seinem Selbstschutz machte besagter Verbindungsredakteur zur Rätselzeit immer Urlaub. Jetzt wird doch auch klar, warum die Hamburger Rätselfreunde anonym bleiben wollen.
Aber zurück zur Geschichte. Hotte, Kato, Marie-Luise und die anderen gehören zu einer riesigen Bewegung. Zu Spitzenzeiten waren in Deutschland Hunderttausende denksportaktiv, wird auf besagter Website behauptet. „Keine Uni ohne Rätselcliquen, kein Großunternehmen ohne miteinander konkurrierender Teams, keine Kleinstadt ohne Hobbymannschaften.“
Und es dürfte wohl weltweit das einzige Rätsel sein, das ein ganzes Parlament beschäftigt hat. Es soll nämlich mal eine empörte Anfrage im Bundestag gegeben haben, wie viele Arbeitsstunden die Beamten im Sommer eigentlich auf das Rätselrennen verwenden. „Auf gewissen Ebenen lag während der Rätselzeit das Leben brach“, sagt Marie-Luise grinsend. Nicht nur „auf gewissen Ebenen“ … „Anfangs hat meine Frau mitgerätselt, aber dann hing bei uns öfter der Haussegen schief“, sagt Lehrer Miguel. Vor allem, weil er wochenlang nur noch Freunde, Verwandte und Bekannte traf, wenn die sich auch für die Rätselei interessierten oder ihm gar helfen konnten. Normale freundschaftliche Gespräche? Ging gar nicht mehr in der Rätselzeit.
„Die Fragen waren auch so schwer, alleine hast du kaum ’ne Chance“, sagt Marie-Luise. In der Rätselzeit trifft sich die Gruppe deshalb mehrmals wöchentlich für viele Stunden. Aber auch zwischen den Treffen sind die Rätsler nicht faul: Anfangs forschten sie im Merianheft oder im Brockhaus in der Bücherhalle, später auch viel im Internet. Ein Rätselfreund, der im wahren Leben Pilot ist und in Frankfurt lebt, versucht sogar, seine Routen so zu legen, dass er zwischendurch irgendwo eine Bibliothek besuchen kann. Über Internetforen tauschen sie sich mit Freunden und Rätslern aus. „Was der eine nicht weiß, darauf kommt der andere, gemeinsam denkt es sich besser – und es macht viel mehr Spaß“, sagt Marie-Luise und empfiehlt deshalb: „Bildet Banden!“
Aber obwohl die Rätselgruppe häufig die richtigen Lösungen gefunden hat: Zum Hauptpreis hat es immer nur „beinahe“ gereicht. Einmal hatten sie an einem anderen Rätsel von CUS teilgenommen, dem Millennium-Rätsel von Geo. Da gab es eine Schatzkarte und mit dem Beantworten der Frage musste man drauf kommen, wo der Schatz – eine Goldkugel im Werte von 50.000 Mark – vergraben war.
„Wir waren fast sicher: in der Nähe der Wartburg“, sagt Marie-Luise. Fast saßen sie schon im Auto, aber eben nur fast. „War Blitzeis?“, grübelt Kato. „Nein, der Schatz war am Tag zuvor gefunden worden“, sagt Fritz Walter. Sie blieben also in Hamburg.
Ein anderer Rater machte sich auf den Weg zur Wartburg. Und glaubte, er habe sich geirrt. Denn genau da, wo er graben wollte, stand das Gelände unter Bodenschutz. Dumm gelaufen: Die Stelle war richtig, aber das Gelände war nachträglich unter Schutz gestellt worden. Der Glückspilz grub dennoch und fand die Kiste nebst Inhalt – und hat vorläufig ausgesorgt. „Das Gewinnen stand bei uns nie im Vordergrund“, sagt Kato. „Es war immer das Spiel, was den meisten Spaß machte.“
Kein Wunder, dass die Besessenen bundesweit in eine tiefe Sinnkrise stürzten, als die SZ das Rätsel 2008 einstellte: aus Mangel an Einsendern mit richtiger Lösung. Beinahe hätten sich auch die Hamburger Fans hemmungslos ihrer Verzweiflung hingegeben. Aber eben nur beinahe. Denn dann fiel ihnen etwas ein, die Rettung: Jeder Teilnehmer der Gruppe denkt sich Fragen für die anderen aus. Das gruppeninterne Rätsel wurde ein Hit. So toll fanden es die Rätselfreunde, dass sie auch anderen die Fragen stellen wollen: eben den Hinz&Kunzt-Lesern.
Es gibt zwar keine Goldkugel zu gewinnen, aber dafür sind die Fragen auch nicht ganz so schwer wie bei CUS, und man kann schon einsenden, wenn man ein paar Lösungen herausgefunden hat. Sicher erhält jeder Teilnehmer eine witzige Urkunde. Das Finale mit Siegerehrung und Preisverleihung wird an einem besonderen Ort in Hamburg gefeiert, den Sie aber erst noch errätseln dürfen!
Also: Überlegen Sie gleich schon mal, mit wem Sie sich im Juni zur Hinz&Kunzt-Rätselbande zusammenschließen wollen. Denn eins ist fast sicher: Nur gemeinsam hat man eine Chance. 

Birgit Müller

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