Kristine und Ruslans haben ihr Baby zurück. Vor einer Woche hatte das Jugendamt die obdachlosen Eltern von ihrem Neugeborenen getrennt. Jetzt hilft das Roten Kreuz und bringt die Familie für einige Wochen in einem Hotel in Harburg unter.
Baby Miranda ist zurück bei ihren Eltern. Eine Woche nach der Trennung durch das Jugendamt durften Kristine und Ruslans ihr Neugeborenes im Kinderschutzhaus abholen. Durch die Unterstützung vom Roten Kreuz wurde die Familie für einige Wochen in einem Hotel in Harburg untergebracht.
Jetzt endlich kann die Familie zur Ruhe kommen und sich Gedanken über ihre Zukunft machen. Zuletzt hatten Kristine und Ruslans im Winternotprogramm in der Spaldingstraße geschlafen. „Alkoholiker und aggressiv. Nur Stress.“ Ruslans, der nur wenige Worte Deutsch spricht, hat keine guten Erinnerungen an die Notunterkunft. Nachts hätte er kaum schlafen können. Ob das jetzt mit Baby Miranda besser wird? Ruslans muss lachen: „Das ist guter Stress.“
Fünf Tage nach der Geburt hatte das Jugendamt Miranda noch im Krankenhaus wegen Kindeswohlgefährdung ihren Eltern entzogen. Obwohl es keine Vorbehalte gegen die Mutter gab. Aber weil Kristine und Ruslans aus Lettland stammen, haben sie nach Auffassung der Behörde kein Anrecht auf Sozialleistungen und öffentliche Unterbringung. Und auf der Straße kann und darf man kein Kind groß ziehen. Da sind sich alle einig.
Aber hätte es keine andere Möglichkeit gegeben, als die Familie zu trennen? Nach Aussage der Sozialbehörde hat die Stadt mehrfach versucht, eine gemeinsame Unterbringungsmöglichkeit zu finden. Kristine und Ruslans hingegen sagen, ihnen wäre nur eine Rückreise ins Heimatland angeboten worden.
Aber beide wollen in Hamburg bleiben, Arbeit suchen und sich eine Perspektive schaffen. Vor einem halben Jahr waren sie in den Niederlanden bereits auf einem guten Weg. Kristine hatte Arbeit, wenn auch zum Dumpinglohn, und eine Wohnung. Die Wohnung war überteuert, aber sie konnten zusammen dort wohnen. Doch weil Kristine schwanger war, verlor sie ihre Arbeit und ihre Wohnung. Auf der Straße wurden sie von der Polizei vertrieben. In Hamburg hoffte das Paar auf Hilfe. Dass ihnen ihr Kind weggenommen wurde, hat Kristine und Ruslans verunsichert und auch wütend gemacht. Kristine erzählt, dass sie wegen Schmerzen Medikamente verschrieben bekam, die ihre Milchproduktion versiegen ließen. Nun kann sie Miranda nicht mehr stillen.
Seit Hinz&Kunzt den Fall öffentlich gemacht hat, hat die Familie viel Hilfe erfahren. Das Roten Kreuz bietet ihnen nicht nur eine Bleibe, sondern hat ihnen Geld für Essen und Kleidung gegeben. Und das Rote Kreuz wird die Familie bei ihren Zukunftsplänen beraten.
Hier und jetzt sind Kristine und Ruslans erst einmal überglücklich. Im Kinderwagen schieben sie Miranda stolz vor sich her. „Miranda, das ist Hamburg Hauptbahnhof.“ Auf die Nachfrage, warum er versucht Deutsch zu reden, erklärt Ruslans schmunzelnd. „Wichtig. Muss deutsch lernen.“
Text: Jonas Füllner
Foto Mauricio Bustamante