(aus Hinz&Kunzt 194/April 2009)
Für Annemarie Dose ist es mindestens ihre achte Ehrung: Am 23. März bekam die Gründerin der Hamburger Tafel das Bundesverdienstkreuz verliehen – auch schon zum zweiten Mal, jetzt aber das Erster Klasse.
Bei einer Feierstunde im Rathaus heftete Hamburgs Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) Annemarie Dose das Bundesverdienstkreuz ans Revers. Ende gut, alles gut. Denn beinahe hätte Ami Dose die Zeremonie abgesagt.
Ursprünglich sollte sie nämlich nur 15 handverlesene Gäste mitbringen dürfen und nicht alle ihre Ehrenamtlichen. Wer auch immer sich das ausgedacht hat: Er hätte wissen müssen, dass eine Frau wie Ami, wie sie von allen genannt wird, das niemals mitmacht. „Ich bin keine One-Woman-Show“, sagte sie denn auch empört. Und: Wenn sie nicht alle mitbringen dürfe, dann solle man ihr eben das Bundesverdienstkreuz mit der Post schicken.
Das wollte natürlich auch keiner, aber die Verleihung der Auszeichnung verzögerte sich um Monate.
Natürlich ist die 80-jährige Powerfrau unverzichtbar und sozusagen das Gesicht des Projektes. Trotzdem hat Annemarie Dose recht: Die Hamburger Tafel beliefert rund 100 Einrichtungen, arbeitet mit rund 200 Lebensmittelspendern zusammen. „Wir haben alles auf Lager, außer Drogen und Waffen“, sagt Ami oft flapsig.
Kein Wunder also, dass das 1994 gegründete Projekt viele Helfer braucht. Die Ehrenamtlichen müssen die Waren abholen, sortieren, ins Lager räumen und wieder ausliefern. Derzeit sind es an die 100 Mitarbeiter, die
dafür ihre Freizeit spenden.
Nicht alle Mitstreiter kamen ins Rathaus, aber immerhin 30. Warum die Hamburger Tafel für Ehrenamtliche so attraktiv ist, erklärte einer von ihnen, Teddy Sassenberg, so: „Wir duzen uns alle und es ist hier völlig egal, welchen Hintergrund jemand hat.“ Er beispielsweise war früher Manager bei
Beiersdorf. Dass es auch andere Manager unter seinen
„Kollegen“ gibt, stellte er einmal fest, „weil jemand ähnliche Leute kannte wie ich. Aber für unser Engagement hier spielt es keine Rolle.“ Was aber eine Rolle spielt: „Dass wir nach getaner Arbeit wieder nach Hause zurückkehren, schmutzig und mit gebrochenen
Fingernägeln, aber zufrieden.“
Ähnliches gilt auch für Ami Dose selbst, die mit 66 Jahren das Projekt gegründet hatte: „Wir sind ja alle nicht mehr so taufrisch“, sagt sie über sich und ihre Mitstreiter. „Aber wir haben uns aufgerafft, etwas für die Zukunft zu tun. Und ich glaube, das ist uns gelungen.“