Band Gloria :
Gepflegte Schwermut nach Noten

Mark Tavassol von „Wir sind Helden“ und ­TV-Moderator Klaas Heufer-Umlauf sind Gloria. Gemeinsam suchen die Freunde nach ­ergreifenden Momenten: mithilfe der Melancholie.

(aus Hinz&Kunzt 250/Dezember 2013)

Klaas Heufer-Umlauf kennt man eigentlich von Circus HalliGalli. Mark Tavassol als Gitarrist der erfolgreichen deutschen Band Wir sind Helden. Gemeinsam sind sie Gloria. Im September ist ihr Debüt erschienen: deutschsprachiger Pop mit melancholischen Texten. Wir haben den Wahl-Hamburger Mark Tavassol in Eimsbüttel getroffen und viel erfahren: übers Musikmachen, seinen Freund Klaas, seinen früheren Job als Arzt und seine iranische Herkunft.

 Früher war Klaas Heufer-Umlauf (links) Friseur, sein Bandkollege Mark Tavassol Arzt.  Gemeinsam sind sie das Duo Gloria.
Früher war Klaas Heufer-Umlauf (links) Friseur, sein Bandkollege Mark Tavassol Arzt. Gemeinsam sind sie das Duo Gloria.

Hinz&Kunzt: Mark, seit wann kennst du Hinz&Kunzt?
Mark Tavassol: Schon lange. Ich habe Hinz&Kunzt fast zeitgleich mit meinem Ankommen in Hamburg kennengelernt. Das war im Oktober 1994. Meine damalige Freundin war Hamburgerin. Die hat mir dann die wichtigen Sachen gezeigt: Hier ist das Abaton, da ist der Jenischpark, und das ist Hinz&Kunzt. Ich finde das Prinzip super, dass sich die Verkäufer die Zeitung selber kaufen. Man weiß ja auch, dass da kein Quatsch drinsteht.

„Klaas ist einfach ein guter Typ.“

Und woher kennst du Klaas?
Wir können uns beide nicht mehr genau an die allererste Begegnung erinnern. Es muss 2006 gewesen sein. Ich war damals mit Wir sind Helden unterwegs und Klaas war schon beim Fernsehen. Über gemeinsame Freunde sind wir uns immer wieder begegnet. Bei einem dieser Treffen haben wir dann darüber gesprochen, dass er auch mal nebenbei Musik gemacht hat. Irgendwann hat er mir dann eine MP3 geschickt. Da hat man schon gemerkt, dass er musikalisch singen kann, dass er eine schöne Stimme hat und – das Allerwichtigste – einfach ein guter Typ ist.

Das war aber anfangs nicht für die ­Öffentlichkeit bestimmt?
Es wäre absurd gewesen! Klaas war schon damals ein sehr beschäftigter Mensch. Bei mir war es genauso. Anfangs war es noch nicht mal klar, ob wir das überhaupt aufzeichnen, was wir da machen. Bis vor anderthalb Jahren. Eigentlich sogar, bevor Wir sind Helden pausiert haben live zu spielen, war der Punkt erreicht, dass wir mal richtig aufnehmen wollten oder gar nicht. Wir wollten aber erst etwas produzieren und danach einen Plattenvertrag suchen. Nicht sagen: „Guck mal, das ist Klaas, weil der im Fernsehen ist, kriegen wir einen Plattenvertrag.“

Eure Musik ist sehr melancholisch.
Klaas kennt man bisher eher als lustigen ­Provokateur mit seinem TV-Partner Joko.
Man vergisst oft die Kraft der Medien. Man verliert das Wissen, dass jeder Mensch verschiedene Seiten hat und dass es kaum jemanden gibt, der die ganze Zeit nur gut drauf ist und rum­albert. Auch bei jemandem, der so eine Sendung wie Circus HalliGalli macht.

„Es stört mich oft, dass Leute Sachen singen, die keine Relevanz haben.“

Klaas engagiert sich bei „Junge Helden“ für Organspenden. Du hast früher als Arzt in ­Altona gearbeitet. Spiegeln sich eure ­Erfahrungen mit Krankheit und Tod auch in Gloria-Texten wider?
Das ist vielleicht am Ende des Tages der einzige Bereich, wo mein alter Beruf eine Rolle spielen könnte. Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich eine Zeit lang viel mit ernsten Themen in Berührung gekommen bin. Das hat aber sicherlich auch mit meinem und Klaas’ Umfeld zu tun, in dem jedes Thema vorkommen darf. Natürlich auch so etwas Wichtiges wie Sterben und Tod. Das ist bei Gloria aber ohne große Absprache passiert. Klaas und ich haben einfach Momente, wo wir in einer ähnlichen Stimmung sind. Meist finden wir dann einen Satz, aus dem heraus sich ein Liedtext entwickelt. Bei deutschsprachigen Texten bin ich aber sowieso ganz pedantisch. Es stört mich oft, dass Leute Sachen singen, die keine Relevanz haben. Wo es scheinbar so abläuft, dass der Song irgendwann dummerweise noch einen Text zu brauchen scheint, das merkt man halt leider häufig.

Du hast in einem christlichen Krankenhaus gearbeitet. Bist du gläubig?
Ich gehöre keiner Konfession an, finde aber, dass Religion eine total wichtige Rolle spielt in unserer Gesellschaft. Wir leben in einer Zeit, in der sehr viele Konflikte passieren. Die schlimmsten aus religiösen Motiven heraus. Aber wenn alle Stricke reißen, sind es am Ende oft die Kirchen, die die Türen offen lassen. Im Rahmen des Flüchtlingsdramas ganz aktuell auf St. Pauli, aber auch in krisengeschüttelten Regionen. Auch wenn ich nicht besonders religiös bin, erkenne ich das an und habe allerhöchsten Respekt.

Dein Vater ist Iraner. Du bist dort aufgewachsen. Hast du noch Bilder im Kopf aus deiner Kindheit?
Ich habe eine Erinnerung, die geht zurück bis an mein drittes Lebensjahr. Ich kann mich gut an unser Haus erinnern und an unseren Hund. Wir hatten damals einen deutschen Schäferhund, sehr ungewöhnlich. Die Nachbarn dachten, wir halten einen Wolf (lacht). Bilder kommen auch hoch, wenn ich persisch höre, und das hört man in Hamburg relativ oft. Ich spreche es selbst auch noch. Das erinnert mich an meine Familie.

Ich muss meinen Eltern hoch anrechnen, dass sie mich unterstützt haben.

Wie ist die Geschichte deiner Familie?
Mein Papa kommt aus einem kleinen Dorf am Persischen Golf. Er ist als Halbwaise groß geworden mit zwei älteren Schwestern. Er war der Einzige aus der Familie, der studiert hat. Die Schwestern haben als Hebammen sein Studium finanziert. Als er fertig war, hat er dann die Familie unterstützt. Meine Mutter kommt aus einer recht großen Familie aus Bremen, in der die Geschwister teilweise so weit auseinander lagen, dass sie kaum zusammen aufgewachsen sind. In Bremen haben sich meine Eltern dann auch bei der Arbeit kennengelernt.

Wie haben deine Eltern auf deinen Erfolg als Musiker reagiert?
Die fanden das regelrecht cool. Es war trotzdem schon absurd, dass ich Urlaub im Krankenhaus genommen habe, damit ich auf Tour gehen kann. Meine Eltern sagten zwar so etwas wie: „Okay, wenn du meinst.“ Vermutlich dachten sie aber: „Ist der bescheuert?“ Ich muss ihnen hoch anrechnen, dass sie mich unterstützt haben. Wir sind Helden waren zum Glück dann ja schnell sehr erfolgreich. Da hatten wir uns gerade zwei Mal am Kopf gekratzt und schon waren wir bei Harald Schmidt in der Sendung. Spätestens da waren auch meine Eltern beruhigt. Und dann wurden sie unsere größten Fans.

Und wie finden deine Bandkollegen Gloria?
Super! Die fragen immer wieder mal, was bei Gloria gerade los ist, und Judith (Holofernes, die Sängerin, d. Red.) hat unser erstes Video auf ihrer Webseite geteilt. Das finde ich wiederum super (lacht).

Interview: Simone Deckner
Fotos: Daniel Cramer, Dmitrij Leltschuk (2)

GLORIA im Uebel&Gefährlich, Feldstraße 66, Mittwoch, 11.12., 20 Uhr, 18,70 Euro, mehr Infos unter www.gloriamusik.de