Führerschein und Leinenzwang: Was Hundehalter ab April beachten müssen
(aus Hinz&Kunzt 157/März 2006)
Ab dem 1. April gilt das Hamburger Hundegesetz. Unter anderem sind Hundehalter dann verpflichtet, ihren Hund an der Leine zu führen und mit einem Chip zu kennzeichnen. Der Tierschutzverein billigt das Gesetz in weiten Teilen, Tierärzte und Halterinitiativen kritisieren es. Außerdem lesen Sie, was Hinz&Künztler dazu sagen.
Wolfgang Poggendorf, erster Vorsitzender des Hamburger Tierschutzvereins, freut sich über das Hundegesetz: „Hunde auszusetzen wird durch den Chip weitaus schwieriger.“ Innerhalb kurzer Zeit kann bei einem herrenlosen Hund durch die Nummer, die elektronisch auf dem Chip gespeichert ist, der Besitzer ausfindig gemacht werden. Das Implantieren des Chips unter der Haut des Hundes ist schmerzlos: „Das ist mit einer Spritze zu vergleichen“, so Poggendorf. Allerdings kostet der Eingriff rund 40 Euro – Obdachlosen bietet das Tierheim Süderstraße die Möglichkeit, die Kennzeichnung kostenlos vorzunehmen.
Der Chip ist allerdings nur eine Neuerung, die das am 19. Januar beschlossene Hamburger Hundegesetz für die Vierbeiner und Halter mit sich bringt. Gravierendster Einschnitt gegen-über der alten Hundeverordnung: Hunde müssen jetzt außerhalb der eigenen Wohnung und spezieller Hundewiesen angeleint bleiben – unabhängig von der Rasse. Eine Befreiung von dieser Anleinpflicht kann beantragt werden, wenn der Hund eine „Gehorsamsprüfung“ – umgangssprachig „Hundeführerschein“ – bestanden hat. Besonders gegen diese Regel laufen viele Halter Sturm: „Völlig unverhältnismäßig und kontraproduktiv“, so Claus-Dieter Kraft von der Interessensgemeinschaft „leinenlos“, der nach eigenen Angaben 300 Halter angehören. „Das Risiko, von einem Hund in Hamburg gebissen zu werden, ist verschwindend gering“, behauptet er – und ist sich sicher: Sobald Halter gegen das Verbot vor Gericht ziehen, würden sie Recht bekommen. Außerdem: „Hunde, die generell an der Leine gehalten werden, werden agressiver.“ Ähnliche Befürchtungen hat die Tierärztekammer: „Dadurch wird es eher mehr sozial inkompetente und damit potenziell gefährliche Hunde geben.“
Der Tierschutzverein sieht es differenzierter: „In einer Großstadt mit wenig Platz muss es nun mal Regeln geben“, so Poggendorf, „und wer seinen Hund nicht kontrollieren kann, kann ihn nicht laufen lassen. Die anderen sollen eben die Gehorsamsprüfung machen.“ Die Angst vorm „Hundeführerschein“ sei sowieso unbegründet: „Da wird nur ‚Sitz‘, ‚Bleib‘ und ‚Komm‘ geprüft, das sollte jeder können.“ Allerdings müsse es dringend mehr Hundewiesen geben, auf denen alle Hunde frei laufen dürfen.
Gemacht werden kann der „Hundeführerschein“ bei Hundeschulen, die den Preis selbst festlegen – er wird wahrscheinlich bei etwa 50 Euro liegen. Eine Liste mit „zertifizierten“ Schulen wird die Behörde Anfang April im Internet veröffentlichen. Der Tierschutzverein überlegt, für sozial Schwache einen Gehorsamstest zum Selbstkostenpreis anzubieten.
Zumindest bei den Rasse-Listen für gefährliche Hunde, die aus der alten Verordnung weitgehend übernommen wurde, herrscht bei den Tierschützern, – ärzten und -haltern Einigkeit: Die Tierärtzekammer kann aus zahlreichen Studien zitieren, dass es weder „gefährliche“ noch „ungefährliche“ Rassen gibt. Und „leinenlos“-Aktivist Kraft macht eine Verschwörung der Hundehasser aus: „Da wurden persönliche Ansichten zum Gesetz gemacht.“ Auch Poggendorf findet die Listen „Blödsinn“: „Das ist so ähnlich, als würde ich in ein Gesetz schreiben, dass Polen häufiger klauen als Deutsche.“
Autor: Marc-André Rüssau
„Am Tier sollte man nicht sparen“: Was Hinz&Kunzt-Verkäufer meinen
Sönke (40), hat Lucy seit einem Monat
Lucy ist ein Dachs-Eichhörnchen-Frettchen-Mix, da braucht man keinen Hundeführerschein! Nee, im Ernst: Keine Angst, ich spare gerade darauf, den machen zu können, damit ich sie auch in Parks laufen lassen kann. Aber ich warte noch ein bisschen, bis sie etwas älter ist und noch besser hört – durchfallen kann ich mir nämlich echt nicht leisten.
Lucy kommt von einem Bauernhof in Mecklenburg-Vorpommern. Sie ist vier Monate alt, und wir haben uns von Anfang an gut verstanden. Sogar an das S-Bahnfahren und die vielen Menschen in der Stadt hat sie sich gewöhnt – obwohl sie ja vom Land kommt.
Einen Chip bekommt sie von dem Tierarzt, der sich auch um Jell’ow, meinen alten Hund, gekümmert hat. Es ist mir wichtig, dass sich ein Arzt kümmert, dem ich vertraue. Am Tier sollte man nicht sparen.
Yvonne (35), hat Cora seit vier Jahren
Der Hundeführerschein ist bei Menschen okay, die ihre Hunde aggressiv machen. Die sollen ruhig nachweisen müssen, dass sie ihren Hund im Griff haben. Bei irgendeinem Pudel halte ich das für unnötig.
Auch für Cora bräuchte ich den nicht: Sie bellt höchstens mal, wenn ein anderer Hund vorbei kommt. Chippen lasse ich sie diesen Monat, im Tierheim Süderstraße ist das für Obdachlose kostenlos. Aber ich würde auch dafür bezahlen: Schließlich ist das mein Tier, das ich mehr liebe als die meisten Menschen – da muss ich auch bereit sein, Geld auszugeben.
Thorsten (40), hat seinen Schäferhund-Boxer-Mischling, seit er drei Tage alt ist
Meine Hündin lasse ich mit jedem anderen Hund spielen, da passiert nie was, und sie kommt auch jeden Tag mit zum Verkauf. Ohne sie kann ich mir mein Leben nicht mehr vorstellen: Meine Hündin ist das einzige Weib, das sich immer freut, wenn sie mich sieht.
Den Hundeführerschein finde ich legitim. Wer sich einen Hund zulegt, soll auch beweisen, dass er mit dem Tier umgehen kann. Auch der Leinenzwang ist okay, wenn die Stadt dafür sorgt, dass es genügend Freilaufflächen gibt. Man kann von einer Oma nicht verlangen, dass sie täglich acht Kilometer fährt, um ihren Hund laufen zu lassen. Und so ein Hund muss auch laufen können – sonst ist das Quälerei.
Gechippt ist meine Hündin übrigens schon, seit sie drei Monate ist – schon damit sie mir keiner klauen kann. Wenn alle Hunde so markiert sind, hört auch der Mist auf, dass Tiere einfach ausgesetzt werden.
Skanda (36), hat Sonic seit zwei Jahren
Für Sonic ist ein Hundeführerschein eigentlich Blödsinn, so lieb wie er ist. Nur Katzen jagt er ganz gerne – aber nur zum Spaß, er tut denen auch nichts. Bei uns in der Schanze gibt es so eine Rabaukenkatze, die wartet sogar immer auf ihn, damit er sie jagen kann. Ich versuche Rücksicht darauf zu nehmen, ob jemand Probleme mit Hunden hat, und nehme Sonic dann an die Leine. Wenn ich in die S-Bahn komme, frage ich beispielsweise immer, ob jemand Angst vor Hunden hat. Der Chip ist aber eine gute Idee: Sonic ist sehr zutraulich, würde mit jedem mitgehen – und findet vielleicht nicht mehr zurück. Ich hatte ihm schon mal eine Kapsel mit meiner Telefonnummer ans Halsband gemacht, das hat er aber abgerissen.
Das Hundegesetz im Überblick
Hunde müssen mit einem Chip ausgestattet werden. Das macht der Tierarzt. Es herrscht außerhalb des eigenen Grundstücks und spezieller Auslaufzonen Leinenzwang (ab 2007). Wessen Hund eine Gehorsamsprüfung gemacht hat, kann sich auf Antrag von der Anleinpflicht befreien lassen. Jeder Halter muss eine Haftpflichtversicherung abschließen, die auch Schäden durch den Hund abdeckt.
Alle Hunde müssen beim jeweiligen Bezirksamt angemeldet werden, die Hunde werden in einem zentralen Register erfasst. Übergangsregelung: Wer seinen Hund schon vor dem 1.4.06 hatte, darf sich bis 31.12. Zeit lassen. Informationen unter www.hundegesetz.hamburg.de