Jede zweite Wohnung, die die Saga GWG vermietet, muss an Menschen vermietet werden, die sonst keine Chance auf dem Wohnungsmarkt haben. Das fordert die Diakonie Hamburg.
(aus Hinz&Kunzt 243/Mai 2013)
Auch zwei Jahre nach Beginn der Wohnungsbau-Offensive des SPD-Senats ist die Lage auf dem Wohnungsmarkt dramatisch, kritisiert die Diakonie. Krassestes Beispiel: Selbst wenn die Stadt es schaffen würde, wie geplant 2000 Sozialwohnungen jährlich zu bauen, würden sie nicht mal die etwa 4000 ersetzen, die jährlich aus der Sozialbindung fallen. „Es reicht deshalb nicht aus, abzuwarten, bis neuer Wohnraum entstanden ist“, sagte Diakonie-Vorstand Gabi Brasch. Wohnungslose, Migranten und andere benachteiligte Gruppen müssten Wohnungen aus dem Bestand bekommen. „Und zwar jetzt!“
Die Schlüsselrolle für die Beseitigung der Wohnungsnot kommt nach Vorstellungen der Diakonie der Saga GWG zu. Denn sie gehört zu 100 Prozent der Stadt. Jedes Jahr vermietet das Unternehmen etwa 9000 Wohnungen neu. Forderung der Diakonie: Die Hälfte der Wohnungen soll an sogenannte vordringlich Wohnungssuchende vermietet werden.
Ein besonderes Ärgernis: Die Saga GWG kommt bislang nicht mal ihren Verpflichtungen nach: 2005 schlossen sie und andere Wohnungsunternehmen ein Abkommen mit der Stadt, jährlich 1200 Wohnungen an vordringlich Wohnungssuchende zu vermieten. In keinem Jahr wurde die Quote auch nur annähernd erfüllt, kritisiert die Diakonie und fordert: Die 4000 Wohnungen, die die Wohnungsunternehmen schuldig geblieben sind, müssten zusätzlich bereitgestellt werden.
Aber die Saga GWG fährt einen anderen Kurs: Sie vermietet zu 74 Prozent an Menschen, die keine Probleme auf dem Wohnungsmarkt haben. Hauptargument: Auch die Saga GWG müsse profitabel arbeiten. das fordert die Stadt tatsächlich. Deswegen, so Gabi Brasch, müsse die soziale Verpflichtung in den Konzernzielen festgeschrieben werden. Anderes Argument der Saga GWG: Die soziale Mischung der Mieter müsse stimmen. Die Idee von der sozialen Mischung trage inzwischen dazu bei, dass arme Menschen immer weniger Chancen auf dem Wohnungsmarkt haben. „Gewinner sind in der Regel die ökonomisch besser Gestellten“, so die Diakonie.
Außerdem müssten dringend die Mietobergrenzen für Hilfeempfänger angehoben werden. 327 Euro stehen einem alleinstehenden Hartz-IV-Empfänger zu, aber die entsprechenden Mieten lägen meist höher. Die Diakonie fordert deshalb die Anhebung auf 390 Euro. Insgesamt hofft die Diakonie jetzt, dass Bürgermeister Olaf Scholz das Thema Wohnungsnot und die Rolle der Saga GWG zur Chefsache macht. „Die Stadt muss sich auch um diejenigen kümmern, denen es am schlechtesten geht“, sagt Gabi Brasch – und betont: „Der Senat kann handeln, er muss es nur wollen.“
Text: Birgit Müller, Beatrice Blank
Foto: Markus Scholz
Fakten und Hintergründe unter www.huklink.de/faktensaga und www.hinzundkunzt.de/dw-wohnungsnot
Tipps zum Kirchentag: Kunstprojekt: „Hamburger Wohn-Horror“: 2.–4.5. auf dem Jungfernstieg, jeweils 10.30–8 Uhr; „Nicht lange reden – tun!“, Jugendliche renovieren Kirchenkaten für Obdachlose, Thomas-Kirchengemeinde in Hausbruch, Lange Striepen 3, 2.–4.5., jeweils 10.30–18 Uhr; LilaLinie: Mit den Bussen der Diakonie im 15-Minuten-Takt kostenlos zu den Haltestellen Gänsemarkt, Jungfernstieg, Landungsbrücken, während der Fahrt gibt’s Infos zu Hamburg, dem Kirchentag und der Diakonie, 2.–4.5., jeweils 10.30–18 Uhr; Infocamp auf dem Gänsemarkt zu sozialen Berufen
Hamburger Nebenschauplätze: Stadtrundgänge mit Hinz&Künztlern (Start: Jungfernstieg), 2.–4.5., jeweils 10.30–18 Uhr
Ausstellungen: „Stoppt den Wohn-Horror: 2000 Fotos für 2000 Wohnungen für Wohnungslose.“ Fotowand mit Gruselhintergrund auf dem Jungfernstieg, 2.–4.5., jeweils 10.30–18 Uhr und „Hamburg in den Bildern wohnungsloser Fotografen“, 2.–15.5, Mo–Fr, 11–16 Uhr, Diakoniezentrum, Bundesstraße 101