Aus Brandenburg und Bayern kommen Meldungen, die alarmieren: Obdachloseninitiativen berichten von immer mehr Hilfesuchenden. In München soll sogar ein Bunker als Notunterkunft öffnen.
„Voll belegt“, heißt es in Potsdam bei Initiativen für Obdach- und Wohnungslose. So muss etwa die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Potsdam in ihrer Notaufnahme derzeit 121 Personen unterbringen – im vergangenen Jahr waren es 107. Auch andere Anlaufstellen würden überrannt. AWO-Geschäftsführerin Angela Basekow sieht einen „Trend zur zunehmenden Obdachlosigkeit“, meldet die „Lausitzer Rundschau“.
Das bestätigt Werena Rosenke, Vorsitzende der Bundesarbeitgemeinschaft (BAG) Wohnungslosenhilfe. Bereits im November vergangenen Jahres hatte die BAG vor einem „drastischen Anstieg der Wohnungslosigkeit“ gewarnt. Bis 2015 könnten die Zahl Wohnungsloser um 10 bis 15 Prozent auf dann 270.000 bis 280.000 Menschen steigen. Rückfragen bei Städten und Gemeinden lassen diesen Schluss zu. Als wohnungslos werden Menschen bezeichnet, die zwar nicht auf der Straße schlafen, aber in Notunterkünften oder privat bei Freunden.
Die Lage spitzt sich zu, weil günstiger Wohnraum immer knapper wird. „Es gibt kaum noch sozialen Wohnungsbau. Gleichzeitig fallen alte Sozialbindungen weg“, so Rosenke. Zudem würden Zwangsräumungen verstärkt durchgesetzt. Betroffen sind vor allem Ältere und Menschen unter 25 Jahre, die Hartz IV beziehen. Letztere werden von den Jobcentern besonders hart sanktioniert. Hinzu kommt, dass immer mehr Zuwanderer aus Osteuropa hier oft weder Arbeit noch eine Unterkunft finden.
Mit einer hilflosen Aktion versucht man in München der Lage Herr zu werden. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, gibt es dort Pläne, einen Luftschutzbunker als Notunterkunft für Obdachlose zu öffnen. 140 Personen sollen dort in den Wintermonaten übernachten.
Bunker als Notunterkünfte lehnen Hinz&Kunzt und die BAG strikt ab. „Dort herrschen oft menschenunwürdige Zustände. Viele Obdachlose gehen da nicht hin“, so Rosenke. In Hamburg war im Winter 2010/11 der Bunker am Hauptbahnhof nach zahlreichen Protesten geschlossen worden. Selbst Sozialsenator Detlef Scheele nannte die Zustände dort „nicht zumutbar“. Werena Rosenke: „Die Großstädte sollten sich da auch austauschen mit ihren Erfahrungen.“
Alternativen zu Bunkern gäbe es immer: „Man muss gucken, wo gibt es leerstehende Immobilien, die entsprechend genutzt werden können?“ so Rosenke.
Text: Simone Deckner
Foto: Mauricio Bustamante
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