Sie nennen es „Tonnografie“: Mit einer Lochkamera in einer Abfalltonne haben Hamburger Müllmänner ihre Lieblingsplätze fotografiert. Das Projekt ist preisgekrönt. Die Bilder sind jetzt in einer Ausstellung zu sehen – und in unserer Bildergalerie.
Sie kennen Hamburg wie die Taschen ihrer orangefarbenen Westen: Die Mitarbeiter der Stadtreinigung räumen in Wohngebieten auf und halten die öffentlichen Straßen und Plätze in Ordnung. Dass das nicht nur ein harter, sondern auch ein spannender Job ist, zeigt ein Projekt der Hamburger Stadtreinigung: Elf Mitarbeiter haben ihre Lieblingsorte abgelichtet, vom Harburger Rathaus über die Krameramtsstuben bis zum Marco-Polo-Towe in der Hafencity.
Dazu haben sie keine handelsüblichen Fotoapparate benutzt, sondern einen Müllcontainer. Eine fahrbare 1100-Liter-Tonne wurde mit simpler Technik in eine Lochkamera verwandelt: Vorne ein Guckloch, innen ein lichtempfindliches Fotopapier, fertig. Mit dieser Konstruktion entstanden keine Schnappschüsse, sondern richtige Kunstwerke in schwarz-weiß. Es gibt interessante Lichteffekte, Passanten sind verschwommen abgebildet – das kommt von den langen Belichtungszeiten bis zu 90 Minuten.
Die Idee für die „Tonnografie“ hatte die Berliner Werbeagentur Scholz & Friends. Als sie das Projekt der Stadtreinigung in Hamburg vorschlug, sagte die sofort zu. „Es versprach, wenig zu kosten und viel in Bewegung zu setzen“, sagt Andree Möller von der Stadtreinigung. Das ganze sollte, so Möller, „den Jungs und Mädchen in Orange“ vor allem Spaß machen – aber auch etwas Positives zu deren Image beitragen. „Es gibt oft noch das Vorurteil, dass Müllmänner doof sind. Das ist Quatsch.“ Man habe auch zeigen wollen, dass die Kollegen kreativ sind – und ein großes Herz für die Stadt haben. Eine tolle Bestätigung, dass das Projekt gelungen ist: In der vergangenen Woche wurde der „Tonnografie“ mit dem Silbernen Löwen von Cannes eine bedeutende PR-Auszeichnung verliehen.
Michael Pfohlmann, Teamleiter bei der Stadtreinigung, hat drei Motive beigesteuert. Sein liebstes ist das Bild vom Marco-Polo-Tower in der Hafencity: „Der ist mir damals gleich ins Auge gestochen wegen seiner ungewöhnlichen Bauweise“, sagt Michael Pfohlmann. Ein bisschen ist das Bild auch eine Hommage an seine früheren Job bei der Stadtreinigung: 16 Jahre lang war er für die Sperrmüllabfuhr in der Innenstadt unterwegs, bevor er als Teamleiter nach Altona wechselte. In der Hafencity ist er auch privat gerne unterwegs, seinen Fotoapparat hat er bei Spaziergängen immer dabei. Nun mit einer Mülltonne zu fotografieren war für Pfohlmann eine besondere Erfahrung. Während der rund 30 Minuten Belichtungszeit hat er sein Lieblingsbauwerk auf sich wirken lassen: „Ich hab gewartet und einfach gehofft, dass es gut wird.“
Das Bild vom Marco-Polo-Tower und 19 weitere Motive sind derzeit in der Axel-Springer-Passage (Caffamacherreihe 1, Eintritt frei) ausgestellt. Einen Vorgeschmack bekommen Sie hier in unserer Bildergalerie:
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