20 Obdachlose haben den Winter im Notquartier von Hinz&Kunzt verbracht. Hier konnten sie Kraft sammeln, um ihr Leben neu anzupacken. Jetzt müssen die letzten acht leider raus. Länger können wir die Zimmer nicht bezahlen.
Es war wie ein richtiges Zuhause – aber leider nur auf Zeit. 20 Obdachlose sind seit November im Hinz&Kunzt-Winternotquartier untergekommen. Jetzt ist Schluss. Am Donnerstag müssen sie ihre Zimmer in einem Monteursheim im Hamburger Osten räumen. Länger kann Hinz&Kunzt die Unterkünfte nicht bezahlen. Immerhin: Ihnen blieben gut zwei Wochen mehr Zeit als hunderten Obdachlosen, die im Notprogramm der Stadt überwintert haben.
Und das ist nicht der einzige Unterschied. Denn mit unserem Notquartier haben wir wenigstens für einige Obdachlose wahrgemacht, was wir uns für jede öffentliche Unterbringung wünschen: Einzel- oder Zweierzimmer mit einer Kochmöglichkeit und Bad.
Im Gegensatz dazu bot das städtische Winternotprogramm überwiegend Plätze in Mehrbettzimmern an. In der zentralen Einrichtung in der Spaldingstraße (mehr als 200 Schlafplätze) kehrte keine Ruhe ein: Zu viele einander fremde Menschen verbrachten hier die Nächte. Viele hatten Angst vor Auseinandersetzungen und Diebstahl. Geöffnet war die Einrichtung von 17 Uhr bis neun Uhr morgens: Dann mussten alle Bewohner raus und den Tag bei Wind und Wetter draußen verbringen.
Ganz anders war das im Winternotquartier von Hinz&Kunzt. Die Zimmer standen den Bewohnern rund um die Uhr zur Verfügung. Das ist unbedingt notwendig, sagt Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer: „Nur so können Menschen, die den Großteil des Jahres auf der Straße verbringen, wirklich Kraft sammeln, um ihr Leben neu anzupacken.“ Dass das klappen kann, haben die Bewohner unseres Notquartiers gezeigt: Zwölf von ihnen haben bereits während des Programms neue Unterkünfte gefunden. G. hat nach langer Obdachlosigkeit einen Platz in einem Containerdorf bekommen. M. ist jetzt auf Wohnungssuche und hat eigens dafür einen Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt. „Er hat sich lange geweigert, überhaupt irgendeine Hilfe anzunehmen“, sagt Stephan Karrenbauer.
Besonders freut er sich mit F., der sogar eine Wohnung gefunden hat. „Er hat erstmal drei Wochen praktisch durchgeschlafen. Dann ist er zu Wohnungsbesichtigungen gegangen wie er es seit Monaten macht – aber diesmal hat´s geklappt. Er muss einen viel besseren Eindruck als davor gemacht haben.“ Stephan Karrenbauer ist zuversichtlich, dass auch die acht Bewohner, die bis zuletzt im Notquartier geblieben sind, bald ein Dach über dem Kopf finden. „Allen hat die Zeit sehr gut getan, sie sind viel stabiler als zuvor.“
Wir von Hinz&Kunzt sind froh, dass wir zum zweiten Mal unser Winternotquartier anbieten konnten. Möglich gemacht haben das Unternehmen und Einzelpersonen mit ihren Spenden. Die Menschen, die für ein paar Monate Ruhe gefunden haben und Kraft sammeln konnten, sind sehr dankbar, dass sie den Winter nicht im Freien verbringen mussten, sagt Stephan Karrenbauer: „Mir ist es richtig peinlich, wie überschwänglich sie sich bei mir bedanken.“ Eigentlich, so Karrenbauer, sollte es das Mindeste sein, dass jedem Menschen ein Bett in einem Doppelzimmer mit Wasch- und Kochmöglichkeit zur Verfügung steht.
Text: Beatrice Blank
Fotos: Mauricio Bustamante