Behörde will Plätze für benachteiligte Jugendliche kappen
(aus Hinz&Kunzt 121/März 2003 – Die Jugendausgabe)
Ausbildungsplätze sind rar. Doch die Behörde für Bildung und Sport will die Zahl außerbetrieblicher Lehrstellen in der Jugendberufshilfe drastisch abbauen. Bis 2006 sollen etwa die Hälfte der derzeit 400 Plätze gestrichen werden. Außerdem plant die Behörde, die Zuwendungen pro Ausbildungsplatz um mehr als ein Drittel zu kürzen. Stattdessen will die Stadt vermehrt berufsvorbereitende Maßnahmen fördern, die maximal zwei Jahre dauern und kostengünstiger sind. Auch so genannte „Ausbildungskooperativen“, bei denen Jugendliche in Betrieben des ersten Arbeitsmarktes betreut werden, sollen ausgeweitet werden.
Stark betroffen von der Umstellung sind die „autonomen jugendwerkstätten hamburg“ (ajw). Sie bieten Ausbildungsplätze für sozial benachteiligte Jugendliche, denen der Schulabschluss fehlt, die eine Drogenkarriere hinter sich haben oder deren Eltern Alkoholiker sind. Solche Jugendlichen haben meist keine Chance auf eine Lehrstelle in gewöhnlichen Betrieben – und sie brauchen Unterstützung. Bei den ajw steht deshalb neben einer qualitativ guten Ausbildung auch die soziale Festigung der Jugendlichen im Vordergrund.
In den kleinen, familiär gehaltenen Werkstätten kümmern sich jeweils zwei Handwerker und ein Pädagoge um sie. 100 Ausbildungsplätze bieten die ajw an – noch. Dem Plan der Behörde zufolge sollen in drei Jahren nur noch 50 übrig sein. Die anderen 50 werden voraussichtlich in berufsvorbereitende Maßnahmen umgewandelt.
„Wenn die Pläne umgesetzt werden, verdient die Jugendberufshilfe ihren Namen nicht mehr“, empört sich ajw-Geschäftsführerin Gisela Wald. Eine Stabilisierung der Jugendlichen innerhalb von drei Jahren werde nicht mehr möglich sein, da der Betreuungsschlüssel durch die Kürzungen dras-tisch verschlechtert werde. „Wir werden wahrscheinlich fünf unserer acht Werkstätten schließen müssen“, so Wald.
Der Leiter des Amtes für Berufliche Bildung und Weiterbildung, Achim Meyer auf der Heyde, begründet die Kürzungen mit der „angespannten ökonomischen Lage“. Die Umschichtungen zielten auf eine stärkere Betriebsnähe, wie es auch die Hartz-Kommission angeregt habe, so der Leiter. „Außerdem werden durch die Umschichtungen 230 Jugendliche mehr gefördert als bisher“, so Meyer auf der Heyde.
In den Ohren von Gisela Wald klingt das zynisch. Viele der Auszubildenden bei den ajw hätten bereits berufsvorbereitende Maßnahmen hinter sich, sagt die Geschäftsführerin. „Sie sind bei uns, weil sie auf dem ersten Arbeitsmarkt keinen Ausbildungsplatz bekommen haben.“ Sie fürchtet, dass diese Jugendlichen vollständig aus dem Hilfesystem herausfallen könnten. „Die Folgekosten für die Gemeinschaft“, so Wald, „sind höher als die für die Jugendberufshilfe.“