Flaschensammler sind im Hamburger Flughafen nicht gerne gesehen: 97 Anzeigen stellte das Management 2014 gegen Sammler, die gegen ein zuvor ausgesprochenes Hausverbot verstoßen hätten.
Am Anfang lief es bei Hinz&Kunzt nicht so gut für Christian. Als er 2012 in Fuhlsbüttel anfing, unsere Zeitung zu verkaufen, verdiente er zunächst kaum mehr als zehn Euro am Tag. Das reichte nicht zum Überleben, zumal die Behörden den Rumänen nicht für Sozialhilfeberechtigt halten. „In den Pausen habe ich am Flughafen Pfandflaschen gesammelt“, sagt Christian. So kamen noch einmal rund 20 Euro dazu, das reichte dann gerade so: „35 Euro waren für mich viel Geld.“
Geld, dass ihm die Flughafenverwaltung nicht gönnen will: Sicherheitsdienstmitarbeiter erteilen ihm Hausverbot, als sie ihm beim Flaschensammeln erwischen. Das untersagt nämlich die Hausordnung des Flughafens. „Die Leute, die aus anderen Ländern kommen, sollen nicht zuerst arme Menschen sehen, die in Mülleimern wühlen“, glaubt Christian. Tatsächlich bestätigt eine Flughafensprecherin auf Nachfrage, dass das Verbot einen „ungestörten Betrieb“ gewährleisten und den Fluggästen einen „angenehmen Aufenthalt“ ermöglichen soll. Oft bleibe es nicht beim alleinigen Flaschensammeln,„sondern Passagiere werden aktiv angesprochen und bedrängt“, sagt Hamburg-Airport-Sprecherin Stefanie Harder.
Das Pfandsammelverbot am Flughafen sei „nach vielen Jahren des Beobachtens“ eingeführt worden, sagt Harder. „In den meisten Fällen“ würde das Security-Personal am Flughafen nicht sofort ein Hausverbot aussprechen. 25 Mal hat das Flughafenmanagement im vergangenen Jahr Pfandsammlern das Betreten des Flughafens untersagt. Wer sich an das Verbot nicht hält, muss mit einer Strafanzeige rechnen: 97 Pfandsammler hat der Flughafen nach eigenen Angaben 2014 angezeigt. „Es ist sehr wichtig, dass den Anweisungen des Sicherheitspersonals Folge geleistet wird“, sagt die Flughafensprecherin.
Auch Christian wird angezeigt, als er trotzdem wiederkommt, weil er auf das wertvolle Pfand nicht verzichten will. Wegen Hausfriedensbruch, weil er „ohne Reiseabsicht und trotz bestehenden Hausverbotes“ vor dem Terminal 1 in einem Mülleimer nach Pfandflaschen gesucht haben soll, heißt es im Brief von der Polizei. Die Anzeige vom Hamburger Flughafen macht ihm zu schaffen, denn eine Strafe zu bezahlen, könnte er sich nicht leisten: „Deswegen habe ich Angst, dass ich ins Gefängnis muss.“
Das könnte Christian wieder aus der Bahn werfen. Eigentlich sieht es bei ihm inzwischen ganz gut aus: „Gott sei Dank verdiene ich inzwischen genug Geld, um zu überleben“, sagt Christian. Flaschen muss er gerade nicht mehr sammeln, mit dem Verkauf von Hinz&Kunzt kommt er über die Runden. Christian sucht jetzt einen Job, um für sich und seinen Hund ein Zimmer bezahlen zu können, denn derzeit schläft er mit Freunden in einem leerstehenden Haus: „Ich habe lange genug auf der Straße gelebt.“
Trotzdem will der Flughafen die Anzeige nicht zurückziehen: Weil Christian so oft beim Flaschensammeln angetroffen wurde und es sich nicht verbieten lassen wollte, begründet es die Flughafensprecherin: „Er wurde belehrt, erhielt zwei Hausverbote und kam trotzdem immer wieder.“ Christian lässt sich nun von einem Anwalt beraten, der sich ehrenamtlich um Hinz&Künztler kümmert.
Text: Benjamin Laufer
Fotos: Action Press/ Public Address/ Markus Hansen