Vertreibung :
75 Schlafplätze von Obdachlosen geräumt

Ein Obdachlosenschlafplatz in Hamburg. Foto: Abi

Nach der Räumung der wohl bekanntesten Obdachlosen-Platte unter der Kennedybrücke steht jetzt fest: Seit Juli vergangenen Jahres haben die Bezirksämter 75 Schlafplätze von Obdachlosen räumen lassen.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Ende Mai hatte das Bezirksamt Mitte nach jahrelanger Duldung die Obdachlosen-Platte unter der Kennedybrücke räumen lassen. Vier Menschen verloren dadurch ihren Schlafplatz. Doch jetzt steht fest: In den letzten zwölf Monaten wurden allein im Bezirk Hamburg Mitte 36 Platten geräumt – davon 30 in diesem Jahr. Das hat der Senat auf Bürgerschaftsanfrage der Hamburger Linksfraktion mitgeteilt. Die Rechtsgrundlagen seien in den meisten Fällen das Hamburgische Wegegesetz und die Verordnung zum Schutz- der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen.

In den letzten zwölf Monaten haben die Bezirksämter neben den 36 Platten in Mitte in Altona zwölf, in Hamburg Nord und Harburg jeweils elf, in Wandsbek drei und in Eimsbüttel zwei Platten räumen lassen. Auffällig: Besonders die Bezirke Nord und Harburg setzen auf den Dialog. Hier wurden die Räumungen gleich mehrfach angekündigt und nicht umgehend umgesetzt. Mit dem Ergebnis, dass in 16 Fällen die Obdachlosen ihre Schlafplätze anschließend selbst räumten.  

Die Linksfraktion kritisiert die Räumungen: „Der öffentliche Raum gehört allen und nicht nur denen, denen es gut geht“, sagt Olga Fritzsche, sozialpolitische Sprecherin. „Armut, Not und Verelendung obdachloser Menschen verschwinden aber nicht einfach, wenn man sie vertreibt. Im Gegenteil: Durch die Räumung innerstädtischer Aufenthaltsorte wird ihre prekäre Situation nur noch verschärft.“ Sie fordert: „Statt der Vertreibung obdachloser Menschen aus dem öffentlichen Raum brauchen wir mehr aufsuchende Sozialarbeit, mehr Einzelzimmer in möglichst kleinen, dezentralen Einrichtungen und natürlich mehr Wohnraum für obdach- und wohnungslose Menschen.“ 

Autor:in
Luca Wiggers
Luca Wiggers
1999 in Hannover geboren, hat dort Germanistik und Anglistik studiert und ist Anfang 2022 nach Hamburg gezogen. Seit Juni 2023 Volontärin bei Hinz&Kunzt.

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