Seit drei Monaten Hinz&Künztler: Kay Blutbacher
(aus Hinz&Kunzt 204/Februar 2010)
„Sind wir schon geräumt worden?“ Kay Blutbacher kriecht ziemlich verpennt aus seinem Schlafsack. Seit Mitte Dezember kampiert der 27-Jährige im Altonaer Gählerpark – auf einem ziemlich hohen Baum. Er und die anderen Aktivisten der Umweltschutzorganisation Robin Wood wollen 397 Bäume im Stadtteil retten. Die sollen abgeholzt werden, damit Energiekonzern Vattenfall eine Fernwärmeleitung für das Kohlekraftwerk Moorburg baut.
Mit professionellem Equipment, Seilen, Geschirr, und Karabinerhaken, klettern Kay und seine Mitstreiter in die Zweige und harren dort aus. Rund um die Uhr. Auch bei zweistelligen Minusgraden. Sie schlafen auf Plattformen, die sie in den Bäumen befestigt haben, oder in Zelten auf dem Boden. Kay hält das gut aus. Es sind nicht die ersten Nächte, die der hinz&Künztler draußen verbringt. „Den anderen macht das mehr zu schaffen“, sagt er „Die machen sich Wärmflaschen.“ Kay lebt seit Oktober 2009 auf der Straße. Er kam nach seinem Bundeswehrdienst nach Hamburg, hat verschiedene Praktika gemacht. Die Ausbildung zum Masseur klappte nicht. Drei Jahre lebte er in einem Bauwagen, zog dann mit Freunden in eine WG. Als die sich auflöste, landete er auf der Straße.
Wegen der Aktion kann Kay momentan auch keine Hinz&Kunzt verkaufen. Aber er überlegt, Zeitungen und Verkäuferausweis an „seinen“ Baum zu hängen, wenn er sich eine eigene Plattform im dann fünften besetzten Baum gebaut hat. „Wir müssen mehr werden“, sagt Kay. „Und je mehr von uns in den Bäumen oben sind, desto schwieriger wird die Räumung.“
Die erwarten die Baumbesetzer jeden Augenblick, seit das Hamburger Verwaltungsgericht die Klage des Bund Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) gegen die Baugenehmigung der Leitung abgelehnt hat. Bis März müssten die Aktivisten noch durchhalten. Dann verhindert die Vogelschutzverordnung das Fällen erst einmal. Große Hoffnungen, die Bäume so lange beschützen zu können, macht Kay sich allerdings nicht. „Aber“, sagt er und deswegen ist er auch dabei, „wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ Für die Zeit nach der Baumbesetzung hat Kay schon Pläne: „Ich wünsche mir eine Wohnung und einen Job: einfach ein geregeltes Leben.“