Von Udo Lindenberg stammt das Motto für unseren Geburtstag „Hinterm Horizont geht‘s weiter“. Sybille Arendt sprach mit der Rocklegende über die Bedeutung seines alten Refrains, ein Leben im Hotel und den Wert von Freundschaften
(aus Hinz&Kunzt 189/November2008)
Alle wollen etwas von Udo Lindenberg, seit er mit seiner aktuellen Platte „Stark wie Zwei“ ein erfolgreiches Album veröffentlichte. Wir auch. Aber wir wegen eines mehr als 20 Jahre alten Songs, den wir als Motto für unser Geburtstagsheft gewählt haben: „Hinterm Horizont geht’s weiter“. Wir treffen ihn bei den Proben vor dem Start zu seiner Tournee in Rostock. Sybille Arendt sprach mit ihm über das Leben ohne eigene Wohnung, Freundschaft und natürlich Hinz&Kunzt.
Hinz&Kunzt: Lesen Sie Hinz&Kunzt?
Udo Lindenberg: Ich lese zwar nicht jedes Heft, aber ich blättere so durch und bleibe mal hier und dort hängen. Alles kriege ich so nicht mit, aber Hinz&Kunzt ist stets präsent. Und ich sehe jeden Tag einen Verkäufer in der Langen Reihe. Und zum 15. Geburtstag: Gratuliere, gratuliere, sehr geil! Und haben die Verkäufer durch euch auch eine Wohnung? Wohnen sie in WGs?
Hinz&Kunzt: Manche. Einige sind große Individualisten, die wohnen lieber alleine.
Udo: Manche wohnen ja auch im Atlantic Hotel.
Hinz&Kunzt: Eigentlich sind Sie ja ein Hinz&Künztler. Sie haben auch keine eigene Wohnung.
Udo: Stimmt, ich gehöre zum fahrenden Volk, bin Musiker und immer unterweg. Ich liebe das Hotelleben, ich komme ja selber aus der Hotelbranche.
Hinz&Kunzt: Inwiefern?
Udo: Ich habe im Hotel gelernt. Kellner, Liftboy und Page habe ich gelernt.
Hinz&Kunzt: Und das hat Ihnen so viel Spaß gemacht, dass Sie gleich im Hotel geblieben sind? [BILD=#udo_intervie][/BILD]
Udo: Nur ein Jahr, ich wollte Schiffssteward werden, und da muss man erst ’ne Kellnerlehre machen. Dann kam das mit der Musik dazwischen. Ich wurde Trommler, und dann bist du mal einen Monat hier, drei Monate da, mal in dieser und mal in jener Stadt. Ich war auch in London und New York, und da habe ich mir nicht gleich eine Wohnung genommen, sondern ein kleines Boarding House, mit Hotelservice. Und dann hab ich gedacht, wenn ich mal nach Berlin gehe oder Hamburg, dann lebe ich nur noch im Hotel. Das ist praktisch, da ist immer ordentlich was los. Und immer Party. Da triffst du jede Menge Leute. An der Bar oder in der Lobby, und hast viele Begegnungen. Ins Hotel kommen alle: eure Leute, Politniks, Professoren, Wissenschaft, Kultur und Ganoven. Und ich kann mich dort gut konzentrieren: Ich schreib da meine Texte und muss mich nicht so um Wohnungssachen und Haushaltskram kümmern. Da gibt es ja diesen berühmten Spruch: „Hätte Bach seinen Müll persönlich runtertragen müssen, hätte er so manche Kantate nicht geschrieben.“
Hinz&Kunzt: Was Hinz&Kunzt besonders gefällt, ist der Refrain beim Stück „Hinterm Horizont gehts weiter.“ Das Lied hat etwas sehr Tröstliches und deshalb haben wir es als Motto für unseren 15. Geburtstag gewählt.
Udo: Ja, es gibt Sachen, die man nicht sieht, aber die dennoch da sind, denn hinter dem Horizont geht es ja auch weiter. Und wie es weitergeht, kommt ja auch ein bisschen auf einen selber an. Darauf, welche Weichen man stellt. Das kann sich auf alles Mögliche beziehen, die nächste Stadt, das nächste Abenteuer, die nächste Stufe deines Lebens, Hermann-Hesse-mäßig gesehen oder eben auch auf das Leben nach dem Tod. Ich glaube, dass es weitergeht, und ich will es auch glauben. Sonst ist es so finster, und das mag ich nicht. Ich habe den Eindruck, dass in besonders harten Situationen ein Zeichen kommt, das mir sagt: Keine Panik, Alter, es geht prima weiter, hinterm Horizont. Die Party geht weiter!
Hinz&Kunzt: Und was machen Sie in harten Situationen?
Udo: Wichtig ist, sich Freundschaften aufzubauen. Das ist wichtiger als eine Liebesbeziehung. Wenn der Himmel voller Geigen hängt, ist es natürlich auch schön, aber so eine Liebe ist meistens ein bisschen brüchig und kann auch schnell wieder zu Ende sein. Aber eine Freundschaft ist ein Fundament, das ist so stabil, das bleibt dir immer. In harten Zeiten Freunde zu haben und auch in guten ist wichtig.
Hinz&Kunzt: Haben Sie viele Freunde?
Udo: Ja, ich habe Freunde, von denen ich weiß, egal, was passiert, wenn ich sie anrufe, egal wo sie sind, wenn ich die jetzt echt brauche, dann kommen sie. Und ich bin auch so einer. Wenn mich jetzt ein Kumpel anruft, aus London, und sagt: „Ich brauch dich jetzt hier“, dann bin ich auch da. Besonders wichtig ist das, wenn die Leute in Grenz-bereichen leben, in speziellen Situationen, so wie viele von euren Verkäufern.