Waldemar Paschek, 44, verkauft an verschiedenen Plätzen in Hamburg. Der gebürtige Pole lebt in einer Ein-Zimmer-Wohnung in Billstedt. Gern würde er einmal nach China reisen.
Da spielte die Musik: bei seinem Vater, dem geliebten, verehrten Vater, der gleich mehrere Instrumente beherrschte, darunter Klavier, Klarinette, Saxofon. Der dirigierte, komponierte, Musik unterrichtete – und seinen Sohn gerne als Sänger von Klassikwerken erlebt hätte. „Aber ich und singen?“ Waldemar lacht. „Ne, das war überhaupt nicht mein Ding. Ich packe lieber an. Ich bin ein Arbeitertyp.“
Die Suche nach Arbeit führt ihn schließlich auch nach Hamburg, 1996 kommt er das erste Mal. „Ich habe mich sofort in die Stadt verliebt“, sagt der 44-Jährige. „Ich finde es hier wunderschön.“ Schön sei auch seine Kindheit in Polen gewesen, in dem kleinen Dorf in Oberschlesien. „Wir hatten zwar nie viel Geld“, erinnert er sich, „aber meine Eltern waren immer für mich da.“ Das blieb auch nach deren Trennung so, als sein Vater, ein gebürtiger Deutscher, zurück in seine Heimat ging. „Wir hatten jederzeit ein gutes Verhältnis“, betont Waldemar. „Obwohl wir so unterschiedlich waren.“ Denn anstelle von Musik entdeckt Waldemar als Jugendlicher ein anderes Hobby für sich: Boxen. „Mein Idol ist Muhammad Ali“, sagt er. Warum? Bitte, als ob man das noch erklären müsste!
Waldemar wird kein Profi, aber er wird durch das Training schnell fit und stark, findet nach der Schule bald Arbeit unter Tage im Bergbau. Er schuftet viel, das findet er o.k., aber er verdient nur wenig, das frustriert ihn. Als er durch eine einstürzende Wand schwer verletzt wird, beschließt er: „Jetzt reicht’s.“ Warum soll er nicht nach Deutschland gehen, wo er Verwandtschaft hat und es bessere Jobs gibt?
Tatsächlich laufen die ersten Monate in Hamburg gut, er bekommt eine befristete Arbeit auf dem Bau, der Lohn ist fair. Dann wird es schwieriger: Waldemar hangelt sich von Job zu Job, wird oft mies bezahlt. Als sein Vater 1999 stirbt, geht er zurück nach Polen. „Aber dort habe ich letztlich keine Zukunft für mich gesehen.“
Er macht sich wieder auf den Weg, reist der Arbeit hinterher: „Amsterdam, Rotterdam, Paris – ich war überall.“ Aber keine Stadt habe ihm am Ende so gut gefallen wie Hamburg. 2010 kommt er deshalb wieder hierher, seit einem halben Jahr verkauft er Hinz&Kunzt. „Für Arbeit auf dem Bau bin ich momentan leider zu krank“, sagt er betrübt. Waldemar hat starken Diabetis, außerdem ist seine Leber kaputt – bald muss er eine Chemotherapie beginnen. „Das macht mir Angst“, gesteht er. Dann lächelt er schon wieder. Über seine Sorgen redet er nicht gerne, lieber erzählt er von seinen Hoffnungen: schnell wieder gesund werden und eine feste Arbeit finden. Und dann für immer in Hamburg bleiben.
Hinz&Kunzt: Was magst du an Hamburg?
Waldemar: Ich liebe alles hier – Planten un Blomen, den Stadtpark, die Alster und den Hafen. Und vor allem die Menschen.
H&K: Wenn du einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir wünschen?
Waldemar: Ich würde gerne eine Reise nach China machen. Die Weite des Landes fasziniert mich. Einmal auf der Chinesischen Mauer stehen, das wäre was für mich!
Text: Maren Albertsen
Foto: Mauricio Bustamante